Briefwechsel zwischen der Filmbewertungsstelle und Kurt Hoffmann
Wiesbaden-Biebrich, Schloss
22.Aug. 1956
An Georg Witt-Film GmbH. München-Geiselgasteig Bavaria-Filmplatz 7
Auf Grund der “Verwaltungsvereinbarung über die Errichtung einer Filmbewertungsstelle in Wiesbaden“ ist der Film: “HEUTE HEIRATET MEIN MANN”
Prüf.-Nr. 3044
Länge: 2.589 m in Original-Fassung. Sprache: deutsch. Hersteller: Georg Witt-Film GmbH., München; Verleiher: Constantin-Filmverleih GmbH. Ffm.
gemäß Ihrem Antrag vom 13. August 1956 geprüft worden. Ich bedaure, Ihnen mitteilen zu müssen, dass der Film kein Prädikat erhalten konnte.
Begründung:
Der Bewertungsausschuss war einstimmig der Meinung, dass dieser Versuch, ein Eheproblem in der Form eines Lustspieles abzuhandeln, aus mehreren Gründen als misslungen angesehen werden muss und darum nicht mit einem Prädikat ausgezeichnet werden kann. Der entscheidende Grund für dieses Misslingen ist wohl darin zu suchen, dass der Film vom Buch her so oberflächlich und substanzlos angelegt ist, dass er zu keiner wirklich humorvollen Wirkung kommen kann. Die Unglaubwürdigkeit sowohl der einzelnen Figuren wie vor allem des Handlungsablaufs verhindert, dass glaubwürdige Lebenssituationen entstehen. Unglaubwürdig bleibt zunächst die Ehe; die gekünstelte Unbefangenheit des Anfangs lässt schon überdeutlich merken, dass die Ehe in dieser Form nicht durchgehalten wird. Die krampfhafte Weise, in der es zur Trennung kommt, verstärkt den Eindruck, dass die Dramaturgie dieses Films nur mühsam die Handlung in Fluss zu bringen versteht. Der Flirt, der den Hauptteil des Films ausfüllt, bleibt so flach, dass in diesem Teil Längen auftreten, die besonders deswegen ermüdend sind, weil über das schablonenhafte Filmende keine Zweifel mehr bestehen können. Die Mittel, die angewandt werden, um die Komplikationen des Handlungsablaufs herbei zu führen, sind zum Teil abgebracht (die Begegnung im Lokal, die der Film sich nicht scheut, sogar zweimal zu benutzen), zum Teil bestehen sie in Taktlosigkeiten (die Figur des “Engelchen“, der Besuch bei der Verlobungsgesellschaft). Dass der Film hierbei im Dialog ausgesprochene Peinlichkeiten nicht zu vermeiden weiß, deutet darauf hin, dass er seinen sogenannten Humor nicht aus einem echten Lustspielcharakter, sondern aus einem gewollten Bemühen um komische Effekte bezieht. Je mehr der Film sich seinem Ende nähert, um so durchsichtiger wird die primitive Dramaturgie. Die Künstlichkeit, mit der die Situationen herbeigeführt werden, tritt allzu deutlich hervor. Zum Schluss des Films ist zu sagen, dass das Wiederfinden der beiden Partner ebenso unmotiviert erscheint wie die erste Heirat und die Trennung.
Diese Schwächen beweisen die Oberflächlichkeit des Buches. Der Regie ist es jedoch in keiner Weise gelungen, diese Schwächen wenigstens einigermaßen auszugleichen. Es fehlt sogar die Leichtigkeit, die man bei Kurt Hoffmann erwarten dürfte. Auch die einzelnen schauspielerischen Leistungen bleiben, bis auf wenige Nebenrollen, weit hinter dem zurück, was von einem prädikatisierungswürdigen Film erwartet werden muss. Insbesondere versteht Johannes Heesters weder den Liebenden, noch den Ehemann, noch den Architekten glaubhaft zu machen. Es bleibt bei einem allgemeinen Liebhaber-Klischee. Auch Lieselotte (!) Pulver kommt in diesem Film nicht an frühere Leistungen heran.
Da der Film auch in seinen übrigen Gestaltungsmitteln nichts Bemerkenswertes aufweist (die Ähnlichkeit des Hauptschlagers mit der Musik eines bekannten französischen Films zeugt von wenig Originalität und ist vom Bewertungsausschuss ausdrücklich kritisiert worden), sieht sich der Bewertungsausschuss nicht in der Lage, dem Film ein Prädikat zu erteilen.
An die
Filmbewertungsstelle der Länder
der Bundesrepubik Deutschland
Wiesbaden-Biebrich Schloss
23.11.1956
Sehr geehrte Herren
Gestatten Sie mir, nach Kenntnisnahme der Begründung für die Ablehnung eines Prädikats für meinen Film “Heute heiratet mein Mann“ einige Worte zu sagen. Vorweg darf ich Sie an den ebenfalls von mir inszenierten Film: *Ich denke oft an Piroschka” erinnern, der erst in der Berufungsinstanz ein Prädikat erhielt, obgleich er nachträglich, anlässlich der Berliner Filmfestspiele, auch mit einem Bundesfilmpreis ausgezeichnet wurde. Mag sein, dass der Film „Heute heiratet mein Mann” Fehler aufweist, welcher hat keine; mag auch sein, dass er kein Prädikat verdient. Dass er aber oberflächlich, geschmack- und humorlos und voller Taktlosigkeiten ist, muss ich entschieden zurückweisen.
Weiterhin wird behauptet, der Regie sei es nicht gelungen, wenigstens einigermaßen die Schwächen des Drehbuchs auszugleichen; die schauspielerischen Leistungen lägen weit unter einem prädikatisierungswürdigen Film und auch die Leistung von Liselotte Pulver kommt nicht an frühere Leistungen heran. Die Musik des Films sei ohne jede Originalität und der Film als solcher würde in vielen Teilen ermüdend und langweilig sein.
Dieses Urteil steht wieder einmal in einem geradezu krassen Widerspruch zur gesamten Presse, vom Publikum ganz zu schweigen. Gestatten Sie mir, einige dieser Pressestimmen beizufügen und Sie herzlichst zu bitten, diese durchzulesen. Ich glaube, dass Ihnen dieselben zu denken geben müssten. Für mich selbst möchte ich aus diesem Vorfall eine Konsequenz ziehen.
Ich werde Herrn Georg Witt, mit dem ich auch in Zukunft meine Filme zu machen beabsichtige, bitten, keinen meiner Filme mehr bei der Prädikatisierungsstelle einzureichen.
Außerdem werde ich die Abschrift dieses Briefes, sowie die der Begründung für die Ablehnung, einigen namhaften Vertretern der Presse übergeben, da ich der Meinung bin, dass die Öffentlichkeit von solchen Vorkommnissen unterrichtet werden muss.
Hochachtungsvoll
Kurt Hoffmann
Quelle: Deutsche Kinemathek. Schriftgutarchiv