Dr. Arthur Robison zum 103. Geburtstag

Dreharbeiten zu "Looping the Loop". Dr. Arthur Robison 3. von links. Rechts neben der Kamera mit Hut: Karl Hoffmann

Dreharbeiten zu „Looping the Loop“.
Dr. Arthur Robison 3. von links. Rechts neben der
Kamera mit Hut: Karl Hoffmann

Die Biografie von Arthur Robison, geboren am 25. Juni 1888 in Chicago, ist alles andere als gradlinig. Seine Eltern, ursprünglich aus dem Hunsrück stammend, remigrieren 1895 nach München. Dort studiert und promoviert Robison zum Doktor der Medizin. 1913 tritt er in Amerika an einem deutsch-amerikanischen Theater als Schauspieler auf. 1915 und 1916 finden wir ihn wieder in Berlin; für die Lu Synd-Serie schreibt er Drehbücher und führt Regie. „Lehr- und Wanderjahre auf deutschen Bühnen“ nennt Robison die nächsten sechs Jahre. 1922/23 schreibt und inszeniert er in kurzer Zeit drei Filme hintereinander: Die Finsternis und ihr Eigentum (Drehbuch), Zwischen Abend und Morgen und Schatten (jeweils Buch und Regie). Bis auf den letzten Film ist das gesamte Frühwerk verschollen.
Nach Arbeiten für die Ufa und British International Pictures geht Robison 1930 als Regisseur deutscher und französischer Versionen nach Hollywood. 1933 ist er wieder bei der Ufa und dreht als erstes den vom Propagandaministerium beförderten Film Des jungen Dessauers große Liebe in deutscher und französischer Fassung. Nach zwei Unterhaltungsfilmen – ebenfalls in deutscher und französischer Sprache – kehrt er mit seiner letzten Arbeit Der Student von Prag zum Genre des phantastischen Films zurück. Zwei Monate vor der Premiere, am 20. Oktober 1935, stirbt Robison.

Acht Filme aus den Jahren 1923 bis 1935 zeigte die SDK im Mai und Juni 1991 im Arsenal. Die Kopien kamen aus dem Bundesarchiv/Filmarchiv (Dienststelle Berlin) und dem Münchner Filmmuseum.
Auch wenn in dieser Reihe, vielleicht mit Ausnahme von Looping the Loop (1928), die großen Entdeckungen ausblieben, lohnte sich der Blick auf einen wenig bekannten, aber inszenatorisch sicheren Regisseur. Pietro der Korsar (1924/25) und Manon Lescaut (1925/26) repräsentieren das große Ausstattungskino der zwanziger Jahre, den – wenn man so will – breiten Strom des Ufa-Stils: mit aufwendigen Atelierbauten, abenteuerlichen Kostümierungen und einer Licht- und Kameraarbeit von absoluter Professionalität. Aus der Spannung zwischen moderner Technik und einer eher konservativen, stets auf die Vermittlung von farbiger äußerlicher Pracht gerichteten Inszenierungsmethode wächst diesen Filmen eine eigene Qualität zu; das Kino wird zu einem Prachtfolianten, der in lebenden Bildern höfisches Geschehen und abenteuerliche Geschichten illustriert.
Für Manon Lescaut hatte die SDK schon zur Erich Pommer-Retrospektive die Zwischentitel nach der Vorlage der Flashtitel neu setzen lassen. Das Ausgangsmaterial stammte noch aus dem Staatlichen Filmarchiv der DDR. Eine neu gezogene Kopie ist seit kurzem in der SDK vorhanden. Pietro, der Korsar, ebenfalls zur Pommer-Retro aus Kopien des SFA und Gosfilmofond in einer Schnittkopie vollständig und mit neu gesetzten Zwischentiteln rekonstruiert, war in einer merkwürdigen Zwischenrekonstruktion zu sehen (Kopie: BArch Berlin). Fast der komplette erste Akt fehlte, das Ende ist mit Hilfe der technisch eher bescheidenen Kopie von Gosfilmofond korrigiert. Für die Komplettierung des ersten Aktes wartet man noch auf besseres Ausgangsmaterial aus Moskau.

Ruth Weyher

Der Klassiker Schatten (1923) wurde in zwei verschiedenen Fassungen gezeigt: einer technisch guten, aber kürzeren französischen Version (BArch Berlin) mit offensichtlichen Schnittfehlern im ersten Akt; und einer längeren, aber technisch nicht so guten tschechischen Fassung mit einem englischen Zwischentitel (Münchner Filmmuseum). Beide Fassungen ergänzen sich nur sehr bedingt bei einer Sichtung in München stellte sich heraus, daß sie offensichtlich auf verschiedene Negative zurückgehen.
Nicht gezeigt werden konnte Der letzte Walzer (1927), eine Co-Produktion der Ufa mit MGM. Eine ausgezeichnete Version des Dramoletts aus Herzeleid und Gardeoffiziersromantik liegt mit negativen deutschen Flashtiteln in Moskau. Looping the Loop eröffnete 1928 in Berlin das von Mendelssohn erbaute Universum am Lehniner Platz (heute: Schaubühne). Der Film stellte sich als überraschend virtuos und bis in kleinste Nebenrollen intelligent inszenierter Wechselbalg verschiedenster Genres heraus. Wo jemals im deutschen Film durfte ein skrupelloser Schürzenjäger noch auf dem Totenbett der Pflegeschwester zuzwinkern? Die Kopie des Münchner Filmmuseums hat keinen Vorspann, dafür aber restaurierte Zwischentitel und ist – wie man es von München nicht anders kennt – von guter Qualität.
Der etwas schwerfällige Informer (1929) mit Lya de Putti und Lars Hanson fand sich in überraschend im BArch Berlin, komplett mit englischen Zwischentiteln und in guter Verfassung. Neben diesem ansehnlichen Beispiel deutsch-britischer Co-Produktion Ende der zwanziger Jahre hätte ich auch gern den ersten Tonfilm von Arthur Robison gezeigt – die in Hollywood gedrehte deutsche Fassung von The Trial of Mary Dugan. Die Nitrokopie des BArch ist aber noch nicht umkopiert. Wieviele deutsche Fassungen ausländischer Fassungen mag es in den Archiven geben? Und um das Grübeln noch zu vertiefen: Wer wird es unternehmen, die Aufführungsrechte dieser Filme zu klären?
Des jungen Dessauers große Liebe (1933) und Fürst Woronzeff (1934) sind ein Härtetest für jeden Filmhistoriker; der naßforsche Willy Fritsch als Propagandist von Marschmusik und die schlecht inszenierte und mißlich fotografierte Brigitte Helm schienen geradewegs dem Gruselkabinett des deutschen Films entsprungen zu sein. Möglicherweise ist die in Sammlerkreisen vorhandene 16mm-Kopie von Fürst Woronzeff technisch besser als die arg ramponierte tschechisch untertitelte Fassung des BArch Berlin. Neben diesen beiden Filmen wirkte Der Student von Prag (1935) mit der Musik von Theo Mackeben dank der erotischen Ausstrahlung von Adolf Wohlbrück wie ein ausgefeiltes Melodram. Überdies ist er auch ein schönes Beispiel für den Charme einer deutschen B-Produktion: als Adolf Wohlbrück auf der Flucht vor seinem Spiegelbild durch die Studio-Sets hastet, drückt er mit der bloßen Hand glatt eine Hauswand ein. Sie ist erkennbar aus Pappe, aber der Wirkung der Szenen tut dies keinen Abbruch.

Aus: SDK-Newsletter 1/1991