Die „Winterhilfe“ war ursprünglich eine Sammelaktion der „Deutschen Liga der freien Wohlfahrtspflege“ und fand erstmals im Winter 1931/32 statt. 1933 wurde die „Winterhilfe“ der NS-Volkswohlfahrt unterstellt; Adolf Hitler eröffnete im September 1933 die „Winterhilfsaktion gegen Hunger und Kälte“. Deutsche Schauspieler im In- und Ausland waren aufgefordert, sich zu beteiligen.
Die Filmzeitschrift „Lichtbild-Bühne“ meldete am 15. März 1934:
Marlene Dietrich hat dem Wohlfahrtsfonds der Reichsfachschaft Film zu Händen des Präsidenten Carl Auen eine namhafte Summe aus Hollywood überwiesen mit der Bestimmung, dass der Betrag ihren bedürftigen Schauspieler-Kollegen zugute kommt.
Am selben Tag meldete die LA Times durch ihren Berliner Korrespondenten, dass Marlene Dietrich eine bedeutende Summe an eine deutsche Wohltätigkeits-Organisation gespendet habe. Gewisse Kreise in Deutschland interpretierten dies als ein Zeichen der Versöhnung mit den Nazis. Durch die Pressestelle der Paramount ließ Marlene erklären, dass sie der NSDAP keine Spende gegeben habe und auch nicht die Absicht habe, das zu tun. Sie habe der Winterhilfe 500 Dollar gespendet, um die „Kinder von Armen“ zu unterstützen; gleichzeitig habe sie auch dem Wohltätigkeitsfonds von Los Angeles 500,- Dollar überwiesen
Zum Start der „Winterhilfsaktion 1934/35“ schreibt der deutsche Konsul in Los Angeles Dr. Georg Gyssling an Marlene.
Los Angeles, den 20. November 1934
Hochverehrte gnädige Frau!
Wie Sie bereits wissen werden, ist das Winterhilfswerk des deutschen Volkes am 9. Oktober vom Führer und Reichskanzler persönlich eröffnet worden. Das gesamte deutsche Volk soll dafür eintreten, dass in diesem Winter kein Volksgenosse zu hungern oder zu frieren braucht.
Wenn auch das größte Elend gegenüber dem Vorjahre wesentlich gelindert ist, so ist die Not breiter Volksmassen doch noch so groß, dass sich jeder Deutsche und Freund des deutschen Volkes, der ein gesichertes Auskommen hat, mit Spenden, die ein tatsächliches Opfer für ihn bedeuten, beteiligen sollte. Naturgemäß kann von Deutschen und nichtdeutschen Freunden des deutschen Volkes im Auslande nicht erwartet werden, dass sie, die ja auch Pflichten ihrem Aufenthalts- bzw. Heimat-Staat gegenüber haben, in dem Ausmaße Beiträge leisten, wie dies in Deutschland geschieht. Trotzdem dürfte es eine Ehrenpflicht Deutscher sein, im Rahmen Ihres Könnens zu dem Winterhilfswerk beizutragen, ebenso wie nichtdeutsche Freunde des deutschen Volkes ihren Gefühlen für dieses dadurch Ausdruck verleihen können, dass sie die Not der Ärmsten in Deutschland zu lindern mithelfen.
Da ich, sehr geehrte gnädige Frau, Ihre Gefühle für unser Heimatland kenne, so erlaube ich mir, Ihnen eine Zeichnungsliste zu übersenden, für deren Rücksendung ich Ihnen zu Dank verpflichtet wäre.
Mit angelegentlichsten Empfehlungen bin ich
Ihr ganz ergebener
Dr. Georg Gyssling, deutscher Konsul
Marlene Dietrich antwortete noch im November; dieser Brief ist nicht erhalten. Im Nachlass befindet sich eine von Rudi Sieber angefertigte „Ungefähre Copie“.
26.11. [1934]
Ich danke Ihnen für Ihren Brief und beeile mich, Ihnen zu antworten. Ich lasse meine Gaben durch meine Mutter verteilen und habe mich entschlossen, [unleserlich] der „Winterhilfe“ nichts zu spenden. Die Gründe dafür werden Sie sicher interessieren.
Voriges Jahr, als ich hörte, wie groß die Not in Deutschland war, schickte ich der Winterhilfe 1.000 Dollars. Ich erhielt weder eine Bestätigung noch einen Dankesbrief. Durch meine Bank erfuhr ich, dass die Winterhilfe das Geld akzeptiert hatte; das war alles.
Bitte glauben Sie nicht, dass ich darüber sehr gekränkt war, nur als Wochen später die Zeitungen die Nachricht meiner Spende brachten und mir lächerliche und niedrige Beweggründe unterschoben, entschloss ich mich, meine Spenden durch Quellen erledigen zu lassen, die mich für meine Hilfsbereitschaft nicht noch obendrein kränken. […]
Mit allerherzlichsten Grüßen