Die seltsamen Abenteuer der amerikanischen Filmindustrie mit O. W. Fischer

Al Daff, Chef der Universal, und O. W. Fischer

300 Fans hatten sich am 11. Januar 1957 im Flughafen München-Riem eingefunden, um O. W. Fischer, den beliebtesten und teuersten Filmschauspieler der Bundesrepublik, zu verabschieden. Fischer flog zu Dreharbeiten nach Hollywood. Aber er käme ja, so seine Worte, nach drei Monaten schon wieder zurück. So war der Plan, aber es kam alles ganz anders. Nach einem Dutzend Drehtagen an dem Film My man Godfrey unter Regisseur Henry Koster kündigte die Universal den Vertrag mit Fischer und erhob Schadensersatzklage wegen Verweigerung der Arbeit. Schon Mitte März war der Star wieder in Deutschland.

Was war passiert? Man habe sich, so ein offizielles Statement, wegen unüberbrückbarer künstlerischer Differenzen getrennt. Was sich hinter der Formulierung „künstlerische Differenzen“ verbarg, mochte Fischer nicht erklären. Zwischen der Universal und ihm gäbe es ein „Gentlemans agreement“, eine Art Schweigegelübde. Es sei eine Sache der Ehre – darunter ging es nun mal nicht – , die Differenzen nicht publik zu machen. Und im übrigen sei das alles auch Schnee von gestern, er habe einen neuen Vertrag – diesmal mit der Fox – und sei praktisch die Treppe hinaufgefallen. Knapp dreißig Jahre später deutete er in seinem Buch „Auferstehung in Hollywood“ an, in Los Angeles in eine Art Amnesie gefallen zu sein; „armselige Texte“ hätte er sprechen sollen. Ob ihm das jemand glaubte? Letztendlich war das nicht wichtig, wahr blieb einfach: Die Bruchlandung in Hollywood, diese ungeheure Kränkung, beschäftigte ihn noch immer.

Anders als O.W. Fischer sprach Regisseur Henry Koster zu jedermann, vor allem zu deutschen Reportern, freimütig über die Gründe der Kündigung. Er sei zu Fischer einfach nicht durchgedrungen; der Schauspieler habe ihm zwar Vorschläge zur Rollengestaltung gemacht, „aber ich konnte mir unmöglich eine Interpretation der Rolle von ihm aufzwingen lassen. … Der ‚Godfrey’ in dem Film muss ein geschmeidiger, bescheidener Mensch sein, der mit innerem Humor seine Lage hinnimmt. Da ihm der untergeordnete Job eines Butlers übertragen wurde, so fügt er sich eben in die Position eines Untergebenen. Er geht mit einem freundlichen Lächeln über sich ergebende Härten seiner Beschäftigung hinweg. Er behandelt die Dinge mit behutsamer Nettigkeit.“ (Film-Revue, Nr. 7, 19. März 1957)

Kein deutscher Produzent oder Regisseur wäre bei dieser Beschreibung auf eine Rolle für O.W. Fischer gekommen, der ganz und gar nicht dafür bekannt war, sich in die Position eines Untergebenen zu fügen oder „mit einem freundlichen Lächeln über sich ergebende Härten“ hinwegzugehen. Fischer war wohl körperlich, aber nicht mental in Hollywood angekommen. Natürlich hörte er nicht auf die Regieanweisungen von Koster – er hörte doch auch in Deutschland nie auf einen Regisseur. Koster wollte, dass der verarmte österreichische Adlige einen schlechtsitzenden Anzug von der Stange tragen sollte? Das kam gar nicht in Frage, was sollte denn sein Publikum in Österreich und Deutschland von ihm denken? Im übrigen hatte er in seinen europäischen Verträgen eine Klausel, nach der ihm alle seine Filmkostüme kostenlos übereignet wurden. Seine europäischen Produzenten könnten vielleicht auch auf die Idee kommen, ihm Anzüge von der Stange zu kaufen, net woar? – Für seine amerikanischen Schauspielkollegen und -kolleginnen war ein Film unter Henry Koster ein weiteres Engagement, das man als Profi erledigte. Der Film konnte gut und auch erfolgreich werden, konnte aber auch untergehen – das wusste man bei Koster nicht so genau. Für Fischer dagegen war jedes Engagement etwas besonderes; er machte aus jedem Auftritt ein Spektakel, nein, ein Spektakulum – mit geschlossenen Augen, die Finger einer Hand die Nasenwurzel reibend, konzentrierte er sich auf den großen Moment, in dem er die Welt an seiner Kunst teilhaben ließ. Wenn Koster wollte, dass der Butler Godfrey langsam ging, schritt Fischer rüstig aus oder ging sogar auf Zehenspitzen, weil er und nur er allein intuitiv wusste, dass Butler so gehen. Sollte Fischer seine Partnerin ansehen, sah er zu Boden. Am dritten Drehtag kam es zu einer Krisensitzung mit dem Präsidenten der Universal Al Daff, dem Agenten Paul Kohner, Koster und Fischer. Der Schauspieler zeigte sich einsichtig; das waren vielleicht doch alles nur Anfangsschwierigkeiten, nach dem Gespräch käme man sicher besser miteinander zurecht. Das war aber nicht der Fall; Fischer machte so weiter wie bisher. Koster wurde es zu viel. Am 12. Drehtag stürmte er aus dem Atelier, fuhr zum Direktionsgebäude der Universal und bot seinen Rücktritt von der Regie an. Als die Schauspieler das hörten, reagierten sie mit einer Resolution: sie wollten die Arbeit verweigern, wenn Fischer bliebe und Koster gehen müsste. Fischer hatte von allem nichts mitbekommen. Der Regisseur war von seinem Verhalten genervt? Wen kümmerts? Er gab dem Regieassistenten ein Zeichen, dass er jetzt bereit sei – die Kameras gingen an und filmten Fischers nächste große Szene. Na also, geht doch! Jeder außer Fischer wusste, dass das sein letzter Auftritt bei diesem Film war.
Der deutsche Hollywood-Korrespondent Bert Reisfeld schrieb: “Koster erzählte mir bereits zehn Tage vor dem Vorfall, dass sich O.W. seinen Anweisungen widersetze. Nachdem er sich dann während der Proben zu fügen schien, spielte er plötzlich bei den Aufnahmen ganz anders, nämlich so, wie er sich die Sache vorstellte. Dann bot Koster seinen Rücktritt als Regisseur an. Genau das war es, was Fischer erreichen wollte. Er konnte es dann gar nicht fassen, dass sich das Studio für Henry Koster entschied.“ [Star-Revue, Nr. 6, 11.03.1957]

Seit 1953 war Fischer jedes Jahr als beliebtester deutscher Schauspieler mit dem Bambi ausgezeichnet worden. Neben einer selbstverständlich außergewöhnlichen Gage hatte er sich für seine Filmarbeit außergewöhnliche Privilegien gesichert, die er auch durchzusetzen verstand. Selbst gegenüber Helmut Käutner, den er doch als Regisseur schätzte, verwies er bei dem Schnitt des Ludwig-Films auf einen Paragraphen seines Vertrages, „nach dem ich dem Fertigschnitt zuzustimmen habe.“
1955, in einer von Erfolg und Popularität beschienenen Phase seiner Karriere, intensivierten sich die seit 1952 laufenden Verhandlungen Fischers mit dem amerikanischen Agenten Paul Kohner. Kohner hatte verschiedene Fischer-Filme amerikanischen Produzenten und Regisseuren gezeigt und positive Reaktionen bekommen. Einen großen deutschen Star in einer Hollywood-Produktion einzusetzen, war zwar ein gewisses Wagnis, aber in der richtigen Konstellation von Drehbuch, Regie und Mitspielern konnte es auch zu einem guten Erfolg führen. Nachdem Kohner Schauspielerinnen wie Marianne Koch, Cornell Borchers und Elisabeth Müller nach Hollywood vermittelt hatte, sollte Fischer sein Meisterstück werden. Fischer selbst reizte die Idee, nach der großen nationalen Resonanz auch die internationale Bühne zu erobern. „Die amerikanische Publicity, teilweise ausgezeichnete Regisseure und Bücher sowie neue Märkte [sind] für mich ebenso interessant wie für Hollywood ein neues Gesicht und eine mitteleuropäische Lokomotive.“ [Brief O.W. Fischer an Paul Kohner vom 1. 8.1955]
Natürlich stand nach Fischers Worten die künstlerische Perspektive an erster Stelle, aber dann gab es da doch noch die nicht ganz unwichtige finanzielle Seite. Das amerikanische Angebot sollte schon die heimischen Gagen übertreffen, sonst machte das Ganze keinen richtigen Sinn. 1955 verdiente Fischer, so seine Ausführungen, pro Film 175.000 DM plus 10% Beteiligung am Brutto-Weltertrag. Falls er Regie führte, stieg die Beteiligung auf 25%. Und alle Gagen waren selbstverständlich steuerfrei. An einer anderen Stelle spricht der Großverdiener davon, dass er als „kulturell Wichtiger“ nur einen Steuersatz von 20% zu zahlen habe. [Brief O.W. Fischer an Paul Kohner vom 08.1.1954] Eine solche Gruppe „kulturell Wichtiger“ – vielleicht war dem Künstler die Liste der „Gottbegnadeten“ im „Dritten Reich“ in Erinnerung – existierte allein in seiner Phantasiewelt.

Um mit den komplizierten Verhandlungen voran zu kommen, flog Kohner mit Al Daff, dem Chef der Universal, 1955 nach München. Am 22. September unterschrieben Daff und Fischer einen Vorvertrag über zwei Filme, für die der Schauspieler rund eine Million DM bekommen sollte. Der Vorvertrag war nicht mehr als eine Absichtserklärung, die die Universal im Laufe des nächsten Jahres in ein umfangreiches Vertragswerk umformulierte. Noch war Fischer mit anderen Projekten im Wort; für 1956 hatte er bereits Mein Vater, der Schauspieler und Herrscher ohne Krone zugesagt. Außerdem war er vertraglich noch an die Royal-Film gebunden. Und überhaupt, so seine Bedingung, müsse er vier Monate vor Drehbeginn das Sujet seines neuen Films kennen und zwei Monate später das Drehbuch erhalten, dessen Fassung er natürlich noch zustimmen müsse. Dies, so führte er aus, sei keine Star-Allüre, sondern Standard bei seinen europäischen Verträgen und dieser Standard eben Ausdruck seines künstlerischen Gewissens.
Wie weit er bei der Durchsetzung seines künstlerischen Gewissens gehen würde, bewies er 1956 in einer juristischen Auseinandersetzung mit der Produktionsfirma Royal-Film. Mit ihr hatte er einen Vertrag über vier bis fünf Filme für die Zeit vom 1. Juni 1954 bis zum 31. Mai 1956 geschlossen. Dafür bekam er monatlich eine steuerfreie Gage von 25.000 DM und hatte neben anderen Privilegien auch ein Mitspracherecht bei der Auswahl des Filmsujets. Nachdem beim letzten zu produzierenden Film alle Verhandlungen über einen annehmbaren Stoff gescheitert waren, kündigte die Royal im Januar 1956 den Vertrag und stellte die Zahlungen ein. Daraufhin klagte Fischer auf Zahlung der Restsumme von 125.000 DM; es ging ihm, so der Kläger, „nicht ums Geld, sondern um die Moral.“ Die Produktionsfirma unterlag und musste zahlen.

Bereits im November 1955 hatte ihm die Universal als ersten Stoff ein Remake von My man Godfrey vorgeschlagen und schickte ein Drehbuch. Nach einer Überarbeitung findet Fischer das Drehbuch „hervorragend“ [Brief an Paul Kohner vom 18.5. 56]; gleichwohl schlägt er eine Reihe anderer Stoffe vor und regt an, mit Käutner in Hollywood „Ein Glas Wasser“ oder „Der Rest ist Schweigen“ zu drehen oder von dem bevorstehenden Siodmak-Film Mein Vater, der Schauspieler auch gleich eine englische Fassung zu produzieren. Kohner redet ihm all diese Projekte aus, die Universal besteht auf „My man Godfrey“ und stellt eine neue Drehbuchvariante in Aussicht. Ein Statement, das möglicherweise von einem Mitarbeiter der Kohner Agentur stammt, warnt nachdrücklich vor „My man Godfrey“ als erstem amerikanischen Fischer-Film, aber die Universal will an den Plänen nichts mehr ändern. Der deutschstämmige Henry Koster, der für MGM gerade mit Elisabeth Müller den Film The Power and the Prize inszeniert hat, ist bereits für die Regie verpflichtet. Im Dezember 1956 legt Fischer den Abflugtermin fest, mit dem weiblichen Dialogue Coach Elsie Foulstone übt er anhand der ihm vorliegenden Drehbuchfassung Sprache und Aussprache. Ein definitives Drehbuch bekommt er bis zu seiner Abreise nicht.
Beide Seiten – der Agent Paul Kohner und O.W. Fischer – hatten angesichts der Aussicht auf einen Fischer-Hollywood-Film sämtliche Warnsignale übersehen. Angesichts der letzten Filme (Hanussen und Mein Vater, der Schauspieler) hätte Kohner erkennen müssen, dass Fischer kein Teamplayer war, sondern innerhalb wie außerhalb seiner Rollen nur um sich selbst kreiste. Dass Fischer die Royal Film verklagte, ignorierte Kohner weitgehend. Im Januar 1956 zeigte die Universal eine synchronisierte Fassung von Bildnis einer Unbekannten (1954; Regie: Helmut Käutner) in einer Testvorführung. Zwei Drittel des weiblichen Publikums fanden Fischer hinreißend – das allein zählte.

In den USA gab es, grob gesprochen, zwei Sorten von Filmzeitschriften, die Fachpresse und die Fanpresse. Für die Filmleute zählte nur die Fachpresse. In Deutschland gab es ebenfalls eine Fach- und eine Fanpresse. In der Film-Revue – ein buntes Publikumsblatt im Illustriertenformat – gab es 1956 kaum eine Nummer ohne Fischer. Ja, man bot ihm über drei Nummern Anfang des Jahres sogar die Gelegenheit zu einer ausführlichen Selbstdarstellung unter dem Titel: „Selbstgespräche am Kamin“. Wer sollte besser geeignet sein, mit Fischer über seine Arbeit zu reden als er selbst? Da plädiert Fischer, mit Arbeit und Aufgaben überhäuft, von Ruhm und Publikum verfolgt, für die Abkehr vom Betrieb und zur Rückkehr in die Haltung der Innerlichkeit. Vor flackerndem Kaminfeuer entwickelt er für die „Lieben Freunde“ die abstruse Idee vom deutschen Volk, das „wie das jüdische ein geniales, ein Schicksalsvolk“ sei. „Hier werden Ideen geboren, die sich über die ganze Welt ausbreiten: herrliche und schreckliche, fruchtbringende und vernichtende.“ So wie das jüdische Volk „der unvorstellbarsten Vernichtungswelle seiner Geschichte“ ausgesetzt war, kam es in Deutschland – seltsame Koinzidenz des Schicksals – zu einem grässlichen Zusammenbruch. Und heute? „Nirgendwo in Europa findet man so gute Europäer wie unter den Deutschen von heute, nirgendwo die bedingungslose Friedenliebe wie hier. – Die Deutschen fühlen, wer es ehrlich meint mit ihnen und wer nur ein Geschäft mit ihnen machen will.“
Ach, Fischer reimt Unsägliches zusammen zur Überlegenheit der deutschen Kultur gegenüber dem amerikanischen Showbusiness, das er im Beruf des Managers und Propagandisten verkörpert sieht; aus dem Herrenzimmer verteidigt der Junker seine Herrenkultur gegen „Gekläff und Gewisper“ des amerikanischen Managers, macht diesen auch noch für die jüngste Geschichte der Deutschen verantwortlich. „Wie er seinerzeit die soldatischen Tugenden dieser Nation missbraucht hat, so hofft er das Morbide zu finden, wenn die Mädels beim Boogie-Woogie die Höschen blitzen lassen und die Jungs mit Ringelsöckchen ihre Männlichkeit beweisen.“ Die Modernen, die Jungen nennt er „Atom-Besoffene, Bonjour-Tristesse-Süchtige, Untergangs-Lüsterne, Urwald-Anbeter“. Er selbst dagegen steht für einen neuen Menschen, der „in sich hineinlauscht und aus der stillen Gesundung einen ewig neuen Lebenssinn, eine beglückende Religiosität schöpft und darin, nur darin den großen Frieden findet.“
Das hatte in Hollywood niemand gelesen.

Dass die Universal ihm mehr als ein Jahr lang kein anderes Projekt als „My man Godfrey“ vorschlug und in dieser Zeit nicht mal in der Lage war, ein drehfertiges Buch vorzulegen, hätte Fischer verdächtig sein müssen. Bei jeder europäischen Produktion wäre es schon lange zu einem großen Krach gekommen. Aber er wollte den Hollywood-Erfolg. Und die Universal? Sie hatte einen weiteren europäischen Schauspieler eingekauft, den man bei seiner Ankunft freundlich begrüßte, der Presse vorstellte und der einfach seine Arbeit tun sollte. Mochte sein, dass er in Europa ein Star war – in den USA kannte ihn niemand. Und so nahm das Unheil seinen Lauf.
Fischer kam mit einem ungebrochenen Selbstbewusstsein, aber voller Wut nach Deutschland zurück; selbst die Begrüßung durch einen weiblichen Fan, der ihm im Namen aller Deutschen dankte, dass er sich nicht von Hollywood habe kaufen lassen, konnte ihn nicht besänftigen. In den USA sei man mit ihm viel fairer umgegangen als in Deutschland, wo viele Gazetten mit Häme seine Auseinandersetzung mit Koster kommentiert hätten. Das stimmte nur bedingt. Die amerikanische Fachpresse nahm kaum Notiz von seiner Auseinandersetzung mit Universal. „O.W. Fischer’s back in Reich“ lautete eine der wenigen ihn betreffenden Schlagzeilen über einer zweispaltigen Meldung in „Variety“ vom 27. Februar 1957. Paul Kohner hatte, um sein und Fischers Renommee zu retten, nach dem Rausschmiss ein Treffen mit Buddy Adler von der Fox arrangiert; Adler schloss mit Fischer einen Vorvertrag und erwähnte, ihn für The Young Lions (USA 1958; Regie: Edward Dmytryk) einzusetzen. Kohner dagegen erzählte der Presse, Fischer würde demnächst im Kirk Douglas Film Die Wikinger (USA 1958; Regie: Richard Fleischer) spielen. Der Schauspieler selbst sah sich als Schmerzensmann im Mittelpunkt eines Mysterienspiels. „Ich stand also ganz still und wartete, bis der Schlamm sich setzen würde. Und denken Sie, ich empfand es fast wie ein Wunder, über Nacht war das Wasser wieder klar und schön rein. Das beste Hollywood streckte mir plötzlich beide Hände entgegen.“ Letztendlich bot seine Erzählung den Fans eine weitere Erlösungsphantasie. Was Fischer nicht merkte und nicht wahr haben wollte: Niemand in Hollywood wollte erneut das Wagnis eines Films mit dem selbsternannten Genie eingehen.
Noch mehrere Jahre korrespondierte er mit seinem Agenten Paul Kohner über Hollywood-Projekte, zeigte sich interessiert an John Hustons Freud und schlug immer wieder den Stoff „Ignatius von Loyola“ vor. Letztendlich ging es ihm auch darum, die Bruchlandung in Hollywood zu heilen. Als das definitiv nicht gelang, wandelte er sie in eine Auferstehung um.
In der Öffentlichkeit zeigte er sich als gereifter Weltbürger, der seine Erfahrungen gerne weitergab. Auf einer Pressekonferenz zu seinem neuen Film El Hakim (1957; R: Rolf Thiele) plauderte er drauflos: „Waren Sie schon mal in Hollywood? Sehen Sie – auch dort herrscht das Mittelmaß. Und außerdem: irgendwo muss es ja auch einen Stolz geben Das Volk Mozarts und Beethovens kann doch nicht immer die vernegerte Kultur Amerikas und den Boogie Woogie geradezu hündisch anbeten. Ich glaube, ich darf das sagen, denn ich habe keinen deutschen Paß. Außerdem waren wir Österreicher schon immer sehr aufgeschlossen und weltoffen, denn wir waren 600 Jahre lang die Untertanen und Bürger eines Weltreiches. Man muss weit weg gewesen sein und sich wie ich in der Welt umgesehen haben, wenn man wieder Achtung vor der Heimat bekommen soll. Europa – und darin Deutschland — ist wie eine Oase. Und die Deutschen sind das einzig potente Volk in diesem Europa.“ (Oswald Kolle: Bitte Weitersagen. In: Star-Revue, Nr. 2, 13. Januar 1958)
Die Äußerung passt zu Fischers „Selbstgesprächen am Kamin“; gleichwohl sah er sich, als sie publik wurden, zu einer lahmen Richtigstellung veranlasst. „A propos „vernegert“. Ich zähle ein paar schwarze Menschen zu meinen besten Freunden.“ (Star-Revue, Nr. 4, 10.02.1958) Die Öffentlichkeit war’s zufrieden.

Dank an Gerrit Thies