Interview 1977

Zur Retrospektive Marlene Dietrich 1977 in Berlin versprach Werner „Instant“ Plack, ein alter Bekannter von Marlene, ein Interview zu vermitteln. Wolf Donner, damals der neue Leiter der Filmfestspiele, und ich stellten einen Fragenkatalog zusammen. Natürlich ließ Marlene niemanden in ihre Wohnung; Plack und Donner sollten die Fragen unter der Tür durchschieben. Sie schickte dann den Fragebogen sehr schnell zurück und Donner schrieb am 9. Mai an Plack:
Dieses Interview ist das skurrilste, das ich je gelesen habe. Die Abneigung, sich den Fragen zu stellen, hätte Marlene Dietrich kaum frostiger, aber auch lustiger als auf diese Weise demonstrieren können. Ich glaube allerdings kaum, dass man das wird drucken können.“
Für den Begleitband zur Retrospektive wurden 10 Fragen und Antworten ausgewählt. Hier jetzt alle Fragen und Antworten.

Zunächst ein paar Fragen zu Ihren Filmen. Welche haben Sie heute noch besonders gut in Erinnerung?

Devil is a woman.

Welche Ihrer Filme mögen Sie besonders gern und welche gar nicht?

Devil is a Woman.

An welche Ihrer Partner oder Regisseure können Sie sich besonders gut erinnern?

Von Sternberg.

Immer wieder haben Sie die Bedeutung technischer Details beim Film betont. Hatten Sie selber je Regie-Ambitionen?

Nein.
Freuen sie sich über die Gesamtschau Ihrer Filme in Berlin?

Hoffe, es ist gut.

Nach Ihrer Ankunft in Hollywood meldeten deutsche Zeitungen, dass Sie an dem Film Paramount on Parade arbeiten.
Nein

Der Film lief in Deutschland, aber ohne Szenen mit Ihnen. War es eine Falschmeldung oder haben Sie die Arbeiten für Ihren ersten Hollywood-Film Morocco abgebrochen?

Nie.

Stimmt das Gerücht, dass Sie Willy Forsts Film Leise flehen meine Lieder aus dem Jahr 1933 produziert haben?

Nein.

Bei einer Retrospektive Ihrer Filme in dem New Yorker Museum of modern Art lief eine Montage mit Szenen aus Ihren Filmen, die Sie selber zusammengestellt haben. Gibt es diesen Film noch?

Ich werde hoffen.

Sie tauchen auf in der Besetzungsliste von dem neuen Film von Orson Welles, The other side of the Wind. Haben Sie tatsächlich mitgespielt in diesem Film, der noch nicht herausgekommen ist?

Nein,

Hatten Sie tatsächlich, wie berichtet wird, politische Skrupel, in den Film A Foreign Affair mitzuwirken?

Nein.

Nun ein paar Fragen an die Schauspielerin. Erinnern Sie sich noch an Ihre ersten Theater- und Filmrollen im Jahre 1919 ?

Nein.

Ihre Biographien nennen das Werk Der große Bariton mit Albert Bassermann einmal als ein in Wien aufgeführtes Theaterstück, einmal als Film. Was ist richtig?

Nein

Max Reinhardt hat Sie öfters für Rollen vorgesehen. Hatten Sie noch Kontakt zu ihm in Hollywood? Und hatten Sie in Hollywood Eisenstein getroffen?

Ich kannte ihn nie.

Mit Ihren Filmen bei der Paramount haben Sie einen ganz neuen Typus geschaffen. Den Vamp, die femme fatale, eine neue, ungewohnte Mischung von Glamour und Sex. Konnten Sie bei der Paramount Ihre Rollen frei wählen oder entschied das Studio allein?

Entschied Josef v. Sternberg.

Theater- Film- Gesang – welche dieser Künste ist Ihnen die wichtigste gewesen?

Alle.

Wie kam es zu dem Übergang zur zweiten großen Karriere, zur Diseuse?

Demand and supply.

Wie wichtig sind für Sie Ihre Erfahrungen bei den amerikanischen Truppen gewesen?

Sehr wichtig.

Singen, allein auf der Bühne stehen, das ist eine ganz andere, extrem schwierige Kunst, die nur wenige beherrschen. Gibt es Lehrer, Vorbilder? Und welche anderen großen Sänger oder Diseusen würden Sie noch neben sich gelten lassen?

Weiss ich nicht.

Singen Sie lieber auf deutsch oder lieber in englisch?

Alle Sprachen

Warum sind Sie über so viele Jahre bei dem gleichen Grundrepertoire Ihrer Lieder geblieben?

Wie alle Sänger.

Man sagt, Ihr früher Gesangsstil habe unter den Einfluss von Cläre Waldoff gestanden, mit der Sie zusammen einmal in einer Revue aufgetreten sind, „Von Mund zu Mund“. Ist das richtig?

Falsch.

Immer wieder haben Sie in Interviews die Technik, die Präzision, die Kontrolle, die Disziplin betont. Sind dies die Geheimnisse Ihrer Professionalität?

Ja.

Immer wieder haben Sie in den letzten Jahren beim Publikum Reaktionen erzeugt, die über die Wirkung von perfektem Showbusiness weit hinausgehen. Was, glauben Sie, repräsentieren Sie für Ihre Zuhörer: Mut, Ausdauer, Selbstvertrauen, eine unerschütterliche Haltung?

Ja.

Sie haben immer eine besondere Aufmerksamkeit erweckt durch Ihre Garderobe. Sie machten Mode, ob sie nun Jeans trugen oder ein besonders raffiniert geschnittenes Kleid. Welches Verhältnis hatten sie zu Ihren Garderoben in den Filmen und später auf der Bühne?

[Keine Antwort]

Wie Hildegard Knef wechseln sie zur Zeit in eine dritte Karriere über, die der Autorin. Fällt Ihnen das schwer? Schreiben Sie gern?

Nein.

Welches Verhältnis haben Sie heute zur deutschen Sprache?

Leider nicht genug.

Sie sind sehr früh, in Ihrer ersten Zeit schon in Hollywood, zum Idol, zum Mythos, zur Legende stilisiert worden. Hat sie das gestört oder kam Ihnen diese splendid isolation gelegen, um sich vor der Öffentlichkeit abzuschirmen?

Nein.

Es gibt nur ganz wenige große Weltstars, die so populär sind wie sie, aber keinen, den es gelungen ist, sich über Jahrzehnte von allen Skandalen, Affären, von dem üblichen Star-Klatsch fernzuhalten. Wie ist Ihnen das gelungen?

Ganz einfach.

Nach dem Krieg wurden Sie von der deutschen Presse sehr feindselig und böswillig behandelt. War das Neid, schlechtes Gewissen, Provinzialität, oder wie erklären Sie es sich?

Hass-Liebe.

Wie ist heute Ihr Verhältnis zu Deutschland? In einem Brief schrieben Sie, Sie trauten dem Frieden hier nicht. Meinen Sie das direkt auf sich bezogen?

Auf mich.

Könnten Sie sich vorstellen, heute wieder in Deutschland zu leben?

Ja und nein.

Hat man tatsächlich im Dritten Reich versucht, Sie nach Deutschland zu holen?

Ja.

Es soll einen Film von Ihrem Mann über Sie und Ihre Tochter geben mit dem Titel „Die glückliche Mutter‘. Ist das richtig?

Nein.

Sie haben ein großes Repertoire wunderschöner Lieder über Ihre Heimatstadt Berlin gesungen. Ist diese enge Beziehung bis heute geblieben?

Ja,

Werden Sie im Sommer dieses Jahres oder im Februar/März 1978 zu der Retrospektive aller Ihrer Filme in Rahmen der Filmfestspiele nach Berlin kommen?

Nein.