Sie fordern mich auf, zu der Frage Stellung zu nehmen, ob der Film durch Einschaltung neuer Faktoren an Niveau gewinnen könne. Wenn Ihr ausgezeichneter Vorschlag, den Buchverleger mit der Vermittlung zwischen Autor und Filmunternehmen zu betrauen, praktisch durchgeführt werden soll, so müßte zunächst dafür gesorgt werden, dass eine Filmgenossenschaft geschaffen wird, die ähnlich wie die Bühnengenossenschaft und der Bühnenverein auf gesetzlicher Basis die Haltung der Filmunternehmungen zu beaufsichtigen und das Verhältnis zwischen Filmschauspieler, Filmregisseur und Filmdirektor zu regeln hätte. Besonders das Verhältnis der Filmschauspielerin zu den oberen Instanzen müsste einer eingehenden Revision unterzogen werden. Solange es Generaldirektoren gibt, die dafür, dass sie an vier Telephonen gleichzeitig telephonieren und die Bilanz der Gesellschaft verschleiern, mit einigen hunderttausend Mark im Jahre nicht zu schlecht bezahlt sind, bezweifle ich, dass in den Kreisen der Filmtrusts eine Neigung besteht, Ihren Plänen näherzutreten. Die Autoren, denen es wie immer, so auch hier, an Mut und Initiative fehlt, werden sich weiterhin von den Kommis der Branche belehren lassen, was ein guter und was ein schlechter Film ist. Es wird soweit kommen, dass begüterte Pferdehändler, die im Nebenberuf Filmdirektoren sind, in den Fachzeitschriften ein Preisausschreiben für Filme erlassen, die ihre Mätressen spielen. Sie – die Autoren – zahlen zwar dem Schutzverband Deutscher Schriftsteller ihren jährlichen Beitrag, aber auf diesem gefährlichsten und verbrecherischstem aller Tummelplätze, dem Film, überlässt man sie ruhig den Furien.
Nationalzeitung – 8 Uhr Abendblatt, 24. Juli 1920