Erklärung der Interwest (1957)

Erklärung der Interwest-Film
Karin Blauermel, 15jährig, Schülerin einer privaten Mal- und Modezeichenschule, bewarb sich bei uns um die Rolle der Sissy in dem Film Die Halbstarken. Sie war der Typ, den wir suchten, und wir engagierten sie. Zu diesem Zeitpunkt wussten wir nicht, ob sie die Begabung, die Zielstrebigkeit und den Ernst zu einer wirklichen Karriere in sich hatte, Wir wussten auch nicht, ob sie die Rolle bewältigen würde und ob eventuell eine Umbesetzung während der Dreharbeiten notwendig werden würde. In dieser ungewissen Situation mussten wir eine finanzielle Regelung mit Karin Blauermel, genannt Baal, treffen. Folgende Gesichtspunkte waren für uns bei der Vertragsabfassung bestimmend:
1) Wenn Karin versagt, wollten wir keinen zu großen finanziellen Verlust haben.
2) Wenn Karin sich als großes Talent beweist, wollten wir für das Risiko, welches wir zweifellos mit dem Engagement eingegangen sind, entschädigt werden.
3) Wir wollten aber auch Karin ein Gefühl der Sicherheit für die kommenden Jahre der Berufsausbildung geben. Wir lösten sie aus der Mal- und Modezeichenschule aus, bei der sie einige hundert Mark Schulden hatte, und verpflichteten uns innerhalb eines Drei-Jahres-Vertrages mindestens 7200 DM an Karin Baal zu zahlen – auch dann, wenn sie am ersten Drehtag versagen würde, nämlich 36 Monate Taschengeld à 100 DM 3600 DM, 2 Jahre Schauspielschule à 150 DM mtl. = 3600 DM, insgesamt 7200 DM.

Darüber hinaus sollten ihr alle künftigen Gagen, die von uns zu zahlen waren, nach Verrechnung mit dem Taschengeld frei zur Verfügung stehen. Sollte sie bei anderen Firmen tätig werden, wozu unsere Genehmigung einzuholen wäre, würde Karin Baal 50 % des vereinbarten Honorars erhalten, Wir wussten, dass, wenn es zu einer wirklichen Karriere kommt, Karin im Tanzen, Singen, Sprechen usw. ausgebildet werden müsste. Für diese Unkosten sollten die einbehaltenen 50 % dienen. Ohne vertraglich dazu verpflichtet zu sein, haben wir außerdem rund 1500 DM für die persönlichen Bedürfnisse Karin Baals aufgewandt. Wir machten es unserer Presseabteilung zur Aufgabe Nr. 1, Karin Baal bekanntzumachen. Von den 90 000 DM, die für Reklame- und Propagandazwecke des Films Die Halbstarken ausgegeben wurden, entfiel somit ein Großteil auf Karin Baal. Karin hat sich während der Dreharbeiten diszipliniert verhalten. Erst nach dem der Film erfolgreich gestartet war, nachdem die ersten Titelbilder auf Illustrierten erschienen, nachdem Karin Baal eine vierwöchige Tournee durch ganz Deutschland gemacht hatte, wurde sie unzufrieden. Dann kam sie eines Tages und bat, den Vertrag zu lösen, denn „die ganze Schauspielerei hat ja doch keinen Zweck“. Sie wollte angeblich wieder in die Zeichenschule gehen. Wir waren einverstanden. wollten aber erst noch einmal mit der Mutter sprechen. Dann erfuhren wir, dass sie ein anderes Filmangebot hatte. Und wir haben den Vertrag gelöst. Unser Vorwurf gilt letztlich nicht Karin Baal. Unser Vorwurf gilt vielmehr denen, die einem jungen Mädchen, welche eine einzige größere Filmrolle bisher gespielt hat, einreden, sie sei nun ein Star, und sie muß Stargagen verlangen und wie ein Star gekleidet sein und… und… und…

 

Filmblätter, 5. April 1957, Nr. 14