Zwischenbericht April – Ostern 1954 (4/1954)

Dieser Monat war der bisher stärkste Allianz-Monat im neuen Jahr. Wenn auch Lukrezia Borgia (Lucrece Borgia. F/I 1953. R: Christian Jacque) nicht der Kassenschlager No.1 geworden ist, so liegen seine Ergebnisse doch weit über dem Durchschnitt, und seine Zahlen werden im großen Rennen der Verleiher ein gewichtiges Wort mitzusprechen haben.
Absoluter Sieger und Rekordbrecher in vielen Theatern war der amerikanische Film Verdammt in alle Ewigkeit (From Here to Eternity. USA 1953. R: Fred Zinnemann), der trotz schlechtester Vermietung alle anderen Konfektionsfilme des letzten Halbjahres schlagen konnte. Der Film wurde von Erstaufführungs-Theatern teilweise nach Drittaufführungs-Theatern nachgespielt und erweist sich in einigen Theatern in den Bezirken für 7-14 Tage als gleich stark.
Enttäuschend war Prof. Karl Ritters erster Film nach seiner Rückkehr Staatsanwältin Corda (BRD 1953/54. R: Karl Ritter). Der Film ist im Delphi-Palast völlig danebengegangen und wird in den Bezirken zu keinem geschäftlichen Erfolg kommen. Auch hier wieder ein deutscher Spitzenregisseur, der trotz eines verhältnismäßig guten Buches an den äußeren Umständen scheiterte.
Constantins Film Bezauberndes Fräulein (BRD 1953. R: Georg Thomalla) hat in seinem Massenstart, ein Uraufführungs-Theater fand der Film nicht, geschäftlich ebenfalls stark enttäuscht.
Für Sie, lieber Herr Zobel, wird sehr interessant sein, dass der Film Die Hochmütigen (Les Orgueilleux. F 1953.R: Yves Allégret), der immerhin 4 Wochen im Cinéma Paris lief, so gut wie keine Termine in Berlin findet. Das wird in Paris große Enttäuschung hervorrufen.
Ganz im Gegensatz zu Westdeutschland erzielte hier NF’s Meines Vaters Pferde (BRD 1953.R: Gerhard Lamprecht) unbefriedigende Ergebnisse. War diesem Film bereits im Gloria-Palast kein Erfolg beschieden, so war vor allen Dingen sein Einsatz bei besten Terminen über Karfreitag und Ostern – beide Teile hintereinander – noch weniger erfolgreich. Gleichermaßen enttäuschend waren die Ergebnisse mit dem Film Das ideale Brautpaar (BRD 1953. R: R.A. Stemmle), der in der 2. Spielwoche im Delphi-Palast geradezu ein katastrophales Ergebnis zeitigte, was beim besten Willen überhaupt nicht erklärt werden kann, abgesehen davon, dass selbstverständlich der Delphi-Palast niemals ein geeignetes Uraufführungs-Theater von Rang gewesen ist und nur dann ein Geschäft erzielen kann, wenn ein absoluter Kassenschlager, der von vornherein als ein solcher feststeht, dort zum Start kommt. So mittelmäßig die Zahlen für das Brautpaar sind, so mittelmäßig ist wiederum der Film nicht, wenn man von seinem unbefriedigenden Schluss absieht.
Enttäuschend sind auch die Ergebnisse in vielen Berliner Bezirken mit dem Film Der goldene Garten. Hier stehen der Fachmann, der Theaterbesitzer und der Journalist vor einem Rätsel. Es gibt keinen Film in der letzten Spielzeit, der dermaßen befriedigt ein Publikum aus dem Theater entlässt. So erzielte beispielsweise der Film am Karfreitag Im KiKi mehr als zwei ausverkaufte Vorstellungen, obwohl gerade am Karfreitag der Kurfürstendamm einen ausgesprochen schlechten Tag hatte. Anscheinend ist Der goldene Garten doch nur ein Film für ein sehr gutes, vor allem dem Kulturfilm gegenüber aufgeschlossenes Publikum. Er wird selbstverständlich mehr Termine erhalten als jemals ein Kulturfilm in Berlin erhalten konnte, aber immerhin hat man bei diesem Film – und darüber sind sich alle Betrachter einig – ein sehr starkes Geschäft erwartet. Das schließt natürlich nicht aus, dass dieser Film noch jahrelang in bestimmten Theatern und vor allen Dingen im Matinee-Programm laufen kann. Wie schon im Vormonatsbericht erwähnt, hatten die Filme Der unsterbliche Lump, Die Perle von Tokay, Gefährliche Schönheit und Martin Luther keinen Erfolg erzielen können. Der amerikanische Film von United Artists Der vierte Mann erreichte selbst in kriminalfilmfesten Theatern sehr gute Zahlen. Unser Film Raub der Sabinerinnen läuft mit ausgezeichnetem Erfolg im Kiki. Wir werden ohne Schwierigkeiten zu einer sehr guten Nachbesetzung gelangen.
Einen großen Geschäftsfilm startete gestern die Gloria-Film im Gloria-Palast: Die Privatsekretärin (BRD 1953.R: Paul Martin). Der Film ist jedoch nur im ersten Drittel sehr nett und lässt dann rapide nach. Beste Rolle seit Jahren für Paul Hörbiger, der den „Schauspieler“ Rudolf Prack geradezu deklassiert. Sonja Ziemann hat sich er- freulich entwickelt. Grosse Beachtung verdient die Komikerbegabung Ruth Stephan.
Berlin hatte im April einen ausgesprochenen Theatermonat. Den Höhepunkt bildete die Aufführung der „Ratten“ im Schiller-Theater. Glänzende Inszenierung, durchweg hervorragend gespielt. Dieses sozialkritische Stück erweist sich als ein großer Propagandabereiter für den kommenden von CCC angekündigten Film.
Eine weitere Theatersensation war in Berlin das Wiederauftreten von Werner Krauss in Carl Zuckmayer’s „Der Hauptmann von Köpenick“. Diese beiden Werke wird man nun in Berlin monatelang vor vollen Häusern zeigen können.Überraschend als Darsteller, im besonderen Fall auch als Publikumsliebling, setzt sich Hans Nielsen durch. Mit „Jane“ und „Pygmalion“ erreichte das Renaissance-Theater Rekordergebnisse.