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Kann der deutsche Film besser sein?

In seiner Sendereihe „Das Gespräch des Monats“ hatte das NWDR-Fernsehen am 30. November zu einer Diskussion des Themas „Kann der deutsche Film besser sein?“ eingeladen. An der Diskussion nahmen u.a, teil: Horst von Hartlieb (Verleiherverband), Alfred Rauschenbach (Produzentenverband), Dr. Günter Schwarz, Dieter Fritko (Export-Union), Hans Wiese (Spio), Walter Koppel, Dr. Toni Schelkopf, Hans-Georg Dammann (Produktion), Alf Teichs (Verleih-Dramaturg), Volker von Collande (Regisseur) sowie als Mitglied des Bundestagsausschusses für Presse, Film und Funk, MdB Georg Kahn-Ackermann. Außerdem sah man Vertreter des Filmkontors, der Treuhand, Produktions-und Verleihmitarbeiter, Kritiker und filminteressierte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens. In seinen Eingangsworten betonte der Diskussionsleiter, Oberstaatsanwalt Dr. Kramer, dass die Fragestellung des Diskussionsabends nicht polemisch aufzufassen sei – dennoch begann Walter Koppel die Debatte mit der Bemerkung, daß die Veranstalter durch ihr Thema unterstellten, der deutsche Film sei schlecht. Weiterlesen

Ernst Lubitsch. Regisseur der Projektions-A.-G. „Union“

Ernst Lubitsch

Der Vorschlag ist an und für sich in der Idee sehr interessant und reizvoll. In der Praxis halte ich ihn aber nicht für durchführbar. Der Vergleich mit dem Theater, auf den Sie sich stützen, hinkt meiner meinung nach. Ein Theater nimmt nämlich ein neues Stück eines modernen Autors zur Aufführung an, und erwirbt dadurch für seinen Wirkungskreis auch ein Monopolrecht, d.h. in derselben Stadt darf nur das eine Theater dieses Stück spielen.Es würde keinem Theaterdirektor einfallen, heute eine Novität herauszubringen, damit sie morgen am Konkurrenztheater nebenan gespielt wird.
Der künstlerische Wettbewerb in dem von Ihnen vorgeschlagenen Sinne kann nur für Stücke oder Films eintreten, die frei sind. Man kann von keinem Filmunternehmer verlangen, dass er in eine neue Idee ein Vermögen hineinsteckt, wenn er nicht das Monopolrecht über diese Idee erhält.

Nationalzeitung – 8 Uhr Abendblatt, 8. August 1920

Paul Cassirer – Kunsthändler, Verleger

Paul Cassierer (1879 – 1926)

So interessant Ihr Vorschlag ist, die Filmmanuskripte mehreren Filmfabriken zur Aufnahme zu übergeben, so dass, wie im Theater, der Film von den verschiedenen Filmschauspielern dargestellt wird, so glaube ich leider nicht an die Verwirklichung dieser Idee; denn die Filmfabrik verhält sich zum Filmmanuskript nicht so wie das Theater zum Dramenmanuskript. Der Weg des Dramenmanuskriptes ist im allgemeinen folgender: Die Herstellung des Buches durch den Verleger, die Aufführung durch ein oder mehrere Theater. Der Weg des Filmmanuskriptes dagegen ist ein anderer. Das Filmmanuskript geht direkt zum Filmfabrikanten; der Filmfabrikant führt den Film „aus“, das Filmtheater führt den Film „auf“. Was beim Theater ein Organ ist, zerfällt beim Film in zwei Stationen. Nun sind die Unkosten nicht, wie beim Theater, am größten bei der Aufführung (die Aufführungskosten sind verhältnismäßig sehr klein), sondern bei der Fabrikation, d.h. bei der Ausführung. Eine mehrfache Ausführung durch verschiedene Regisseure und durch verschiedene Filmdarsteller würde die Unkosten in einer ganz anderen Weise vergrößern als es etwa beim dramatischen Werke wäre.
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Walter Hasenclever

Walter Hasenclever (1890 – 1940)

Sie fordern mich auf, zu der Frage Stellung zu nehmen, ob der Film durch Einschaltung neuer Faktoren an Niveau gewinnen könne. Wenn Ihr ausgezeichneter Vorschlag, den Buchverleger mit der Vermittlung zwischen Autor und Filmunternehmen zu betrauen, praktisch durchgeführt werden soll, so müßte zunächst dafür gesorgt werden, dass eine Filmgenossenschaft geschaffen wird, die ähnlich wie die Bühnengenossenschaft und der Bühnenverein auf gesetzlicher Basis die Haltung der Filmunternehmungen zu beaufsichtigen und das Verhältnis zwischen Filmschauspieler, Filmregisseur und Filmdirektor zu regeln hätte. Besonders das Verhältnis der Filmschauspielerin zu den oberen Instanzen müsste einer eingehenden Revision unterzogen werden. Solange es Generaldirektoren gibt, die dafür, dass sie an vier Telephonen gleichzeitig telephonieren und die Bilanz der Gesellschaft verschleiern, mit einigen hunderttausend Mark im Jahre nicht zu schlecht bezahlt sind, bezweifle ich, dass in den Kreisen der Filmtrusts eine Neigung besteht, Ihren Plänen näherzutreten. Die Autoren, denen es wie immer, so auch hier, an Mut und Initiative fehlt, werden sich weiterhin von den Kommis der Branche belehren lassen, was ein guter und was ein schlechter Film ist. Es wird soweit kommen, dass begüterte Pferdehändler, die im Nebenberuf Filmdirektoren sind, in den Fachzeitschriften ein Preisausschreiben für Filme erlassen, die ihre Mätressen spielen. Sie – die Autoren – zahlen zwar dem Schutzverband Deutscher Schriftsteller ihren jährlichen Beitrag, aber auf diesem gefährlichsten und verbrecherischstem aller Tummelplätze, dem Film, überlässt man sie ruhig den Furien.
Nationalzeitung – 8 Uhr Abendblatt, 24. Juli 1920

Christoph Winterberg

Christoph Winterberg

Im Mai 2018 schrieb Rolf Aurich im Zuge seiner Recherchen zu Dr. Alfred Bauer an Christoph Winterberg, den Inhaber des Antiquariats an der Donau in Neuburg. Winterberg war ein guter Bekannter des Gründungsdirektors der Berlinale gewesen und hatte nach dessen Tod der Kinemathek einen relativ unbedeutenden Teil des Nachlasses übergeben. Besaß Winterberg vielleicht noch weitere Stücke aus dem Nachlass, konnte er aus seinen Gesprächen mit Bauer etwas zu dessen Charakterbild beitragen? Auf diese Fragen bekam Aurich keine Antwort, der Brief kam als unzustellbar zurück. Wo war Christoph Winterberg? Vielleicht wusste der australische Sammler Bill Gillespie etwas?
Gillespie hatte bei seinen jährlichen Visiten in Deutschland immer wieder Filmplakate von Winterberg gekauft und teilte mit, dass er zwar im Juli 2017 mit Winterberg verabredet war, der aber nicht gekommen sei und telefonisch auch nicht zu erreichen war. Vielleicht war er ernsthaft krank oder gestorben – dann wäre aber doch etwas aus seiner sagenhaften Film-Sammlung aufgetaucht. Niemand wusste genaues über Winterbergs Sammlung; er selbst hatte in einem seltenen Moment von Offenheit erklärt, sie befände sich in einem Lager von 500 qm. Das sei aber inzwischen so voll, dass es darin keine Gänge gäbe und man nur noch über die Kisten klettern könnte. Zum Bestand äußerte er sich nur vage: 550.000 Standfotos, 60.000 Plakate, unzählige Bücher, 250 Drehbücher und natürlich Ephemera wie Film-Verschlussmarken und Preise seien vorhanden. Die Mengenangaben waren bestimmt nicht verlässlich; wie sollte man die Zahl der Fotos und Plakate ermitteln, wenn sie so gut wie unzugänglich waren? Und sollte das alles verschwunden, vielleicht auf der Müllkippe gelandet sein? Nein, so war es nicht, aber auch nicht weit davon entfernt. Und dafür war vor allem Winterberg selbst verantwortlich.

Wer war Christoph Winterberg?
Winterberg war in einem Maß verschwiegen, das schon an Skurrilität grenzte. Für einen Sammler war das ganz und gar untypisch; fast jeder Sammler redet gern und ausführlich über sein Sammlungsgebiet, über neue Erwerbungen und über andere Sammler. Nicht so Winterberg; niemand wusste etwas über sein Leben, seinen Wohnort, seine persönlichen Verhältnisse. Sein Eifer, möglichst unsichtbar zu werden, führte absurderweise dazu, dass seine Herkunft aufgedeckt wurde. Christoph Winterberg war der Adoptivsohn des Komponisten Hans Winterberg; seine Mutter Luise Maria Pfeifer flüchtete 1945 aus dem Sudetenland und gab bei der Geburt ihres Sohnes Christoph am 18. 10. 1945 in Esslingen am Neckar den Kunstmaler Oswald Pillhatsch als Vater an. Ob Christoph den Nachnamen seiner Mutter oder den seines Vaters trug, ist nicht klar. 1968 heirateten der Komponist Hans Winterberg und Luise Maria Pfeifer; der Komponist adoptierte seinen Stiefsohn Christoph, der immerhin schon volljährig war und nun den Namen Winterberg annahm. Warum änderte er seinen Namen? Hatte ihn seine Mutter darum gebeten, wollte er selbst einen neuen Namen? Und wenn ja, wie lautete der alte Name? Wir wissen es nicht.

Winterbergs Haus in Rennertshofen, Antoniberg

Hans Winterberg und seine Frau wohnten zunächst in Bad Tölz und zogen später in ein aufgegebenes Schulhaus nach Rennertshofen, Ortsteil Stepperg. Nach dem Tod seines Adoptivvaters und seiner Mutter übernahm Christoph das Haus und richtete dort sein Archiv ein. Im Februar 2002 verkaufte er den musikalischen Nachlass seines Vaters, des Komponisten Hans Winterberg, an das Sudetendeutsche Musikinstitut in Regensburg und schloss dazu einen bemerkenswerten Vertrag. Alle übergebenen Dokumente sollten bis zum 31.12. 2030 für jegliche, auch hausinterne Nutzung gesperrt sein. Ebenso dürfe die Existenz des Nachlasses und seine Herkunft unter keinen Umständen bekannt gemacht werden; Fragen nach Verwandten oder Nachkommen von Hans Winterberg müssten sämtlich negativ beantwortet werden, Winterberg selbst solle in allen Veröffentlichungen des Instituts als sudentendeutscher, aber keinesfalls als jüdischer Komponist bezeichnet werden. Diese letzte Bedingung kann als antisemitisch gedeutet werden, ist aber wie der ganze Vertrag eher Ausdruck von Paranoia und Verfolgungswahn – eben ein echter Winterberg. Eine Komposition kam nicht in den übergebenen Nachlass; auf ihrer Titelseite stand der Ortsname „Rennertshofen“, an dem nun auch Christoph Winterberg wohnte; das durfte natürlich keiner wissen. Dass die Konditionen des Vertrags vom Sudetendeutschen Musikinstitut akzeptiert wurden, ist eine Merkwürdigkeit für sich. Der Vertrag wurde auf Betreiben des Enkels von Hans Winterberg später aufgelöst; die Kompositionen von Hans Winterberg befinden sich bis heute im Original noch in Regensburg, sollen aber in die Sammlung exil-arte in Wien gehen. Langfristig werden dort alle Dokumente des Komponisten Hans Winterberg und seiner Familie konzentriert werden.

Einige Begegnungen mit Christoph Winterberg
Das erste Mal sah ich Christoph Winterberg am Leopold-Kino in München. Das war in den frühen 1970er Jahren, das Kino war noch nicht aufgeteilt in Leopold 1 und 2; Winterberg, daran erinnere ich mich genau, tauschte die Fotos in den Schaukästen aus. Ich nehme an, dass ich ihn öfters bei dieser Tätigkeit beobachtet habe; vielleicht habe ich auch ein paar Worte mit ihm gesprochen. Wenn er geantwortet hat, dann vielleicht „Hmm, kann sein“ oder noch kürzer „Hmm“ oder gar nicht. Ich ging damals viel ins Leopold und in das Filmmuseum im Stadtmuseum; Winterberg habe ich nie in einem dieser Kinos gesehen. Später hörte ich, dass er eine Zeitlang auch bei Transit-Film gearbeitet hat – wann, als was und wie lange? Keine Ahnung. Auf jeden Fall besaß er umfassende Kenntnisse zum deutschen Film; er mag zu den Sammlern gehört haben, die nie ins Kino gehen und alles nur aus der Literatur kennen. Mit der Literatur kannte er sich jedenfalls sehr gut aus.

Etwa Mitte der 1970er Jahre machte Winterberg seinen Filmladen in der Schelling/ Ecke Luisenstraße auf. Christoph stand an einem Tisch in der Mitte eines winzigen Raums; auf dem Tisch stapelten sich Plakate, hinter Christoph standen die Regale mit Büchern. Die wahren Schätze hortete er möglicherweise im Hinterzimmer, vielleicht hatte er sie überhaupt nicht im Geschäft, sondern in seinem Archiv. Wo war das Archiv, woraus bestand es, gab es Listen, konnte man ihn in seinem Archiv vielleicht besuchen? Die Antwort war eindeutig und immer: Nein, nein, nein. Es gab allerdings Ordner mit Kleinbildern von Plakaten der dreißiger bis siebziger Jahre und es gab tatsächlich einen Sammler, der mit Winterberg ein großes Tauschgeschäft gemacht hat. Manfred Christ hatte von dem Grafiker Boris Streimann zahlreiche Filmplakate geerbt oder einfach nur übernommen; das war eine sehr schöne, wenn auch grafisch etwas einseitige Sammlung. Christ tauschte die Streimann-Plakate gegen frühe und sehr seltene deutsche Nachkriegsplakate der Motion Picture Export Association. Diese Sammlung hat Manfred Christ, wenn ich das richtig erinnere, an die Friedrich Wilhelm Murnau Stiftung in Wiesbaden vermacht; und seitdem hat man nie mehr etwas von ihr gesehen. Eine Auswahl der Plakate von Boris Streimann gab Winterberg zur Auktion. Der Erfolg war eher bescheiden.

Dr. Alfred Bauer im Gespräch mit

Christoph Winterberg

Besonders gute Geschäfte wird Winterberg in seinem Laden nicht gemacht haben, aber darum ging es ihm vielleicht auch nicht in erster Linie. Er war Verleger geworden und hatte 1976 Alfred Bauers „Deutscher Spielfilm-Almanach 1929 bis 1950“ (plus erstmaligem Namenindex) als Reprint der ersten Ausgabe von 1950 (filmblätter Verlag) herausgebracht; 1981 folgte Band 2 für die Jahre 1946 bis 1955. Als letztes Buch im Verlag Winterberg erschien 1991 „Das Filmangebot in Deutschland 1895–1911“ von Herbert Birett.

Winterberg wollte seinen Verlag weiter ausbauen und verfolgte das Projekt eines Kataloges der in Deutschland bis 1945 erschienenen Filmplakate. Es gab ein Exposé und ein Treffen zwischen dem Direktor des Deutschen Filmmuseums Frankfurt, einem Mitarbeiter der Deutschen Kinemathek und Winterberg, und das war das Ende dieses Projektes. Das Deutsche Filmmuseum war nicht interessiert und blieb, als ein ähnliches Projekt von anderer Seite Jahre später noch einmal aufgerufen wurde, bei seiner Meinung. Nicht nur Winterberg war frustriert.
Ich hatte merkwürdigerweise über lange Zeit ein gutes Verhältnis zu Christoph. Ich zeigte und schenkte ihm einige Film-Verschlussmarken; dafür bekam ich das Buch „Kein Geistlicher hat ihn begleitet“, das Helmut Käutner 1956 unter dem Pseudonym Kong Li veröffentlicht hatte. Das war für ihn ein gutes Geschäft; er begann mir zu vertrauen, ließ mich sogar wissen, dass er einen Porzellanbambi in seiner Sammlung habe. Wir verloren uns aus den Augen, als ich nach Berlin zog. In der Wendezeit fuhr er in die DDR und organisierte u.a. einen ganzen LKW voller Plakate der DEFA. Wahrscheinlich stellte er sich vor, dass die Plakate im Lauf der Zeit gesuchte Sammlerstücke werden würden.
Um die Jahrtausendwende wollte er wie so viele Sammler in fortgeschrittenem Alter sich selbst und seine Sammlung versorgt wissen. In völliger Verkennung der finanziellen Möglichkeiten der Kinemathek machte er folgenden Vorschlag: Die Kinemathek möge ihm auf Lebenszeit eine Leibrente zahlen und eine Lagerhalle für seine Sammlung anmieten. Dann würde er mit allem, was er besaß, nach Berlin ziehen und die Kinemathek als Erben einsetzen. Er weigerte sich standhaft, eine Liste seiner Sammlungsstücke zu übergeben. Wenn es aber zu einer Einigung käme, dann könnte man ihn nach einzelnen Titeln, nach Fotos oder Plakaten fragen, und er würde diese dann temporär zur Verfügung stellen. Weiter konnte er einer Institution wirklich nicht entgegenkommen.
Das Abkommen kam nicht zustande. Jahrelang versuchte Christoph dann mit anderen Institutionen, unter anderem auch der Akademie der Künste, ins Geschäft zu kommen. Er hatte klare Vorstellungen über den Wert seiner Sammlung, aber er konnte sich nicht überwinden, seine Sammlung zu zeigen. Da es keine Bestandslisten gab, hätte er die Adresse in Rennertshofen preisgeben müssen. Und das wollte er auf keinen Fall.
Christoph Winterberg war ein Mensch voller Ängste, ein Hypochonder erster Güte. In einem Lokal suchte er sich eine Ecke, die möglichst nicht einsehbar war; als Getränk bestellte er sich Apfelsaft, war sich aber nie ganz sicher, ob der nicht vergiftet sei. Bei einem seiner letzten Treffen in einem Lokal mit dem australischen Sammler Bill Gillespie verließ er den Tisch, um auf die Toilette zu gehen. Bill holte sein Handy heraus, um etwas nachzusehen. Bei seiner Rückkehr herrschte Christoph seinen Gast an, er solle das Handy herausgeben und das Foto, das er von ihm gemacht habe, löschen. Gillespie hatte kein Foto gemacht.
Winterberg war in dauernder Angst vor Anschlägen, vor Verunglimpfungen und öffentlichen Beleidigungen. Allein die Erwähnung seines Namens war schon verdächtig; sofort konstruierte er ein gegen ihn gerichtetes Komplott. Nähe ließ er nicht zu, gleichwohl suchte er Kontakt. Eine Zeitlang rief er mich jeden Samstag oder Sonntag zu Hause an; er wollte nichts Besonderes, nichts Konkretes – nur reden, reden.
Jahre später nahm er eine Lappalie zum Vorwand, um sich mit mir zu zerstreiten. Er hatte groteske Vorstellungen, wie ich meinen Fehler wieder gutmachen sollte. Aber noch besser: Es gab einen neuen „besten Feind.“

Das Ende des Christoph Winterberg
Ich weiß nicht genau, wann er sich aus der Szene der Filmsammler zurückzog. Man trank dort gerne ein gutes Bier miteinander, man schwätzte, handelte und machte auch Witze übereinander. Das alles war nichts für Christoph, der in der Szene „Caligari“ genannt wurde. „Caligari“ war nicht witzig, „Caligari“ nahm ernst und übel. Christoph löste sein Geschäft in der Luisenstraße auf und eröffnete ein Buchantiquariat in Neuburg an der Donau, unweit von Rennertshofen. Eine Zeit lang kam er damit über die Runden und verkaufte auch noch an Filmsammler. Bill Gillespie erzählt, dass Christoph jedes Gespräch mit einer Schimpftirade auf die Filminstitutionen begann. Er sah sich als freischaffenden Filmarchivar, dem die Institutionen dankbar sein sollten. Hatte er sich nicht all die Jahre für den Film aufgeopfert? Natürlich blieb auch die Drohung nicht aus, dass er seine Sammlung vernichten werde – das war letztlich eine Geste der Hilflosigkeit und Ohnmacht. Und jedes Gespräch, jede Verhandlung mit ihm stand unter dem Vorbehalt, dass ihm zunächst und als Grundbedingung eine wie auch immer geartete Entschädigung für erlittenes Unrecht zustünde. Als ich ihn das letzte Mal 2012 bei der Eröffnung der Ausstellung „Licht und Schatten“ in den Räumen der Hypo-Vereinsbank in München sah und mit einem Handschlag begrüßen wollte, wandte er sich an den neben ihm stehenden Herbert Birett: „Meinst Du, dass ich dem Sudendorf die Hand geben soll?“ Birett war überrascht und redete ihm zu: „Ja, das kannst Du doch.“ „Na, wenn Du meinst“ und reichte mir maliziös lächelnd seine Hand.

Lagerraum Antoniberg

Er war allmählich im Paradies aller Quengler und Besserwisser angekommen. Die Geschäfte wurden weniger, ein grosser Verkauf noch für ca. 100.000 Euro – natürlich viel zu wenig – und dann hörten sie ganz auf. Christoph zog sich in sein Haus zurück, in sein kleines, großes Reich aus Bananenkisten. Er hatte auch Spielfilme gesammelt, fast alle in 35 mm. Damit nur niemand herausbekam, welche Filme er besaß, hatte er an den Dosen die Seitenbeschriftung entfernt. Damit übertraf er wirklich jeden Sammler an Merkwürdigkeit. Sein Neffe hatte ihn ausfindig gemacht, ihn zu Hause besucht, das Erbe von Hans Winterberg geregelt und sich über die Unmenge an Bananenkisten gewundert. Christoph erklärte ihm, das sei ein veritabler Schatz und eine Million Euro wert. Aber en detail verkaufen wollte er nicht mehr.

Sterbeurkunde Christoph Winterberg

Ein Polizist hatte mit ihm Bekanntschaft geschlossen und besuchte ihn seit Ende der achtziger Jahre. Christoph musste mit dem Geld sehr haushalten, Strom, Wasser und Heizung funktionierten nur unregelmäßig. Er war abgemagert und wohl auch krank und bewohnte in seinem Haus nur noch einen Raum. Am 20. Februar 2018 fand der Bekannte seinen Leichnam; auf dem Körper lagen zwei Bananenkisten, die sich ineinander verkeilt hatten. Hatte ihn seine Sammlung erschlagen und war er zu schwach, die Kiste von dem Körper zu entfernen? Das Todesdatum konnte nicht genau festgestellt werden; es lag zwischen dem 9. und dem 20. Februar 2018.
Es fand sich ein Testament, in dem der Polizist als Generalerbe eingesetzt war. Der Generalerbe tat, was er und wahrscheinlich jeder andere für das Beste hielt. Er verkaufte einen großen Teil der Bananenkisten sowie die Filmkopien an einen Film-Devotionalien-Händler. Die Filmkopien wurden gleich weiterverkauft, die Bücher bekam ein Internet-Antiquar. Und gab es denn nun einen Restnachlass Alfred Bauer, vielleicht mit einem Tagebuch aus seiner Zeit in der Reichsfilmintendanz? Vielleicht, ja, kann sein – vielleicht ist er auch vernichtet, in den Müll geworfen, schmort noch in unausgepackten Kisten. „Hmm, wer weiß?!“

Winterbergs Körper, so war es im Testament bestimmt, wurde verbrannt, die Asche in der Ostsee verstreut.

Es halfen: Rolf Aurich, Frank Becker, Bill Gillespie, Helmut Hamm, Henrik Krasemann Peter Kreitmeir, Hans-Peter Reichmann, Fritz Tauber, Christian Unucka.

Zu Hans Winterberg: https://forbiddenmusic.org/2015/06/10/the-ominous-case-of-the-hans-winterberg-puzzle/
Website von Peter Kreitmeir: www.kreitmeir.de

Why do you ask me about Hitler?

Vorbemerkung
1939 wurde Marlene Dietrich offiziell amerikanische Staatsbürgerin; sie sammelte Kriegsanleihen für den amerikanischen Staat und engagierte sich als Showstar für die Unterhaltung der amerikanischen Truppen in Europa. Aber was ist mit der Zeit zwischen 1933 und 1939? Man weiß, dass sie Emigranten unterstützt hat, aber hat sie sich auch offen gegen das „Dritte Reich“ erklärt? Abgesehen von der Tatsache, dass sie vor und nach ihrem jährlichen Europaaufenthalt immer davon sprach, dass sie nur noch einen Film für die Paramount drehen wolle und dann aber endgültig nach Europa zurückkehren möchte, hielt sie ihre Zukunftspläne möglichst vage. Sie schloss kein Engagement aus, gab nur ganz selten eine politische Stellungnahme ab und liess sich von keiner Partei vereinnahmen. 1933 erklärte sie bei ihrer Rückkehr nach den USA: „I can’t imagine why you should ask me about the Nazi movement. I am an actress not a politician. Why do you ask me about Hitler? I’m sure Herr Hitler has never once heard of me. He doesn’t know about me.“ [Miss Dietrich doubts Hitler knows of her. The American, 27.9. 1933]
Diese Zurückhaltung hatte gute Gründe. Ihre Mutter und ihre anderen Verwandten lebten weiterhin in Deutschland und konnten leicht durch kritische Äußerungen gefährdet werden. Die Film-Produktionsfirmen dagegen sahen in jeder offenen Kritik an den Nationalsozialisten ihre Exportchancen nach Deutachland gefährdet. So stellte sich Marlene in der Öffentlichkeit möglichst als politisch indifferent dar, interessiert nur an Luxus, Männern und der High Society. Filmangebote aus Deutschland schlug sie nie direkt aus, sondern behauptete stets, dass sie langfristig gebunden sei und man vielleicht später noch einmal reden solle.

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Der Faust-Film vor den Interessenten

Vorbemerkung:
Die neugegründete Verleihfirma Parufamet, ein Zusammenschluss von Paramount, Ufa und Metro Goldwyn Mayer, zeigte in Berlin am 25. August 1926 in einer Pressevorführung drei Filme aus ihrem Programm: La Boheme (USA 1926; Regie: King Vidor), Die schönste Frau der Staaten (American Venus. USA 1926; Regie: Frank Tuttle) und Faust von F. W. Murnau.
In Wien wurde Faust am 14. September 1926 im Central-Kino der Presse vorgeführt. Der Rezensent des Reichsfilmblatt (Ausgabe 2. Oktober 1926) bemerkte eine pausenlose Vorführung und eine Länge von 80 Minuten. Das entspricht einer Vorführgeschwindigkeit von 26 bzw. 27 Bildern pro Sekunde.

Vor seinem Siegeszug
Nachmittags 3 Uhr, am U.T. Nollendorfplatz große Autoanfahrt. Die ganze „Branche“ ist versammelt: Verleiher, Theaterbesitzer, Künstler, Techniker, Literaten, Neugierige.
Pünktlich läuft der Pommer-Murnau-Jannings-Film an. Er findet eine kritische Gemeinde. Aber bald ist jeder Einwand dem genialen Wurf gegenüber verstummt. Keine Claque rührt sich. Lautlos – leider nur von der barbarischen Musik eine Pseudomusikanten gestört, sitzt man da. Übersieht die mäßige Projektion, übersieht die unfestliche Enge dieses für einen Großfilm völlig ungeeigneten Kinos und erlebt den Siegeszug voraus, den dieser festliche, dabei doch so unopernhafte Film durch Deutschland und die Welt antreten wird.
Zum Schluss: ein kurzer, ehrlicher Beifallssturm. Gruppen bilden sich im Hause, vor dem Hause. Man kann sich noch nicht trennen. Man diskutiert.
Ein prominenter Theaterkritiker will sofort an Pommer und Murnau kabeln. Man bedauert, Camilla Horn, Jannings und Ekman nicht zu sehen. Hoch gehen die Wogen der Begeisterung.
Ein Sieg des künstlerischen Großfilms – auf der ganzen Linie.
Herr Graf, der Vorsitzende des Zentralverbandes, meint: „Den Film möchte ich unter den Arm nehmen und damit losreisen. Millionen kann er einbringen – vorausgesetzt, dass er richtig lanciert wird. Auf das Herausbringen dieses Films kommt alles an. Mit Ufa-Wochenschau, Margarethenlieder und einem Komiker als Mephisto geht es natürlich nicht. Dieser Film ist ein Festspielfilm.“
Ein Festspielfilm – das ist sein Charakter. Die ganze Welt wartet auf diesen Film.
Ihn auszuwerten, zu verleihen, zu spielen – gehört zu den dankbarsten Aufgaben, die Theaterbesitzer und Verleiher je zu erfüllen hatten.

Um die Faust-Titel
Der Faust-Film ist in einer Interessentenvorführung gezeigt worden.
Aus begreiflichen Gründen wurde die Presse vorher gebeten, die Kritik bis zur öffentlichen Uraufführung zurückzustellen.
Es sei daher auch nicht unsere Absicht, diese Forderung zu missachten. Aber etwas mußss über den Film schon jetzt gesagt werden, aus dem einfachen Grund, weil es bei der Premiere zu spät ist.
Das sind die Filmtitel. Bekanntlich hat die Ufa Gerhart Hauptmann mit ihrer Ausführung betreut.
In einer Montags-Zeitung wurden Proben aus den kommenden Titeln veröffentlicht. Und die schlimmste Befürchtung des Filmmenschen ist eingetroffen. Die Faust-Titel sind in Versform gehalten.
Was das für das Tempo des Films und sei nen Rhythmus bedeutet, das werden die Leute, die in dem verfilmten Faust nur den Versuch des Films sehen, ein höheres „literarisches“ Niveau zu erreichen, nie begreifen.
Nun hat aber der gestern gezeigte Faust-Film Titel. Sie stammen wohl von Kyser. Es mag an einigen etwas auszusetzen sein. Aber als Gesamtheit gesehen, genügen sie den Anforderungen, die man an sie stellen kann, vollkommen. Sie sind knapp gehalten, ihre Sprache ist schön und würdig – und sie sind in Prosa geschrieben.
Hauptmanns Titel kennen wir noch nicht. Wir können deshalb heute noch nicht über sie urteilen. Aber die zuständigen Stellen bei der Ufa mögen bei Empfang der Titel unparteiisch und ohne auf Hauptmanns Namen zu achten, urteilen, welche Titelfassung dem Film am besten gerecht wird.
Entsprechen die Hauptmann-Titel nicht den Erwartungen, dann möge man Extravorstellungen für die „Literaten“ mit „literarischen Titeln“ geben.
Aber denen, die den Film lieben, gebe man einen Faustfilm mit Filmtiteln.
G[eorg] Herzberg, Film-Kurier, 26. August 1926, Nr. 199

PEM: Berliner Erinnerungen – Es war einmal eine Film-Fachpresse…

„Da sagten die Kinder, die Geschichte war fein; nun erzähl uns noch eine, Großmütterlein…“
(Refrain eines Otto Reutter-Chansons)

Eines Tages im Jahre 1933 übernahm Dr. W. Lohmeyer, dem ich für seine ersten Artikel im „Junggesellen“ die Kommas gepumpt hatte, die Chefredaktion des Berliner „Film-Kurier“ und ließ in Fortsetzungen den Roman „Nur nicht weich werden, Susanne“ des „Angriff“-Kritikers und bald „Reichsfilmdramaturgen“ Willi Krause erscheinen. Albert Schneider, der 1933 das „Film Journal“ verließ, schrieb in der „Lichtbildbühne“ unter der Überschrift „Kosmopolitisch ist nicht international“ einen Leitartikel gegen mich, den ich mir aufgehoben habe, weil unsereiner doch erst auf einen Hitler warten muss, um seinen Namen auf der ersten Seite einer Zeitung angegriffen zu finden. „Wer liest schon die B.Z. am Mittag?“ pflegten wir die Schauspieler immer zu trösten, wenn dieses Blatt ihnen eine schlechte Kritik geschrieben hatte; da ich aber zu dieser Zeit schon im Ausland war, konnte mich diese Attacke nur stolz machen.
Erinnerungen verschönen bekanntlich, und die Vergangenheit erscheint uns nur deswegen schöner, weil wir damals eben jünger waren. Das trifft nicht nur auf die alte, sagenumwobene Ufa zu, sondern auch auf die Fachpresse, die man vor 1933 las. Und wenn man eines Tages daran gehen wird, die wirkliche Geschichte des deutschen Films zu schreiben anstatt die jetzt üblichen „Gartenlauben“-Fassungen, wird man auch die vergilbten Jahrgänge des „Film-Kurier“, der „Lichtbildbühne“, des „Reichsfilmblatt“ und all der anderen Blätter durchsehen müssen, um zu sehen, wie sich die Bankrotte und Erfolge von Anno Dazumal wirklich abgespielt haben, und dabei feststellen können, dass manche Filmschaffende von einem Misserfolg den Rest ihrer Tage gut leben konnten.

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Die seltsamen Abenteuer der amerikanischen Filmindustrie mit O. W. Fischer

Al Daff, Chef der Universal, und O. W. Fischer

300 Fans hatten sich am 11. Januar 1957 im Flughafen München-Riem eingefunden, um O. W. Fischer, den beliebtesten und teuersten Filmschauspieler der Bundesrepublik, zu verabschieden. Fischer flog zu Dreharbeiten nach Hollywood. Aber er käme ja, so seine Worte, nach drei Monaten schon wieder zurück. So war der Plan, aber es kam alles ganz anders. Nach einem Dutzend Drehtagen an dem Film My man Godfrey unter Regisseur Henry Koster kündigte die Universal den Vertrag mit Fischer und erhob Schadensersatzklage wegen Verweigerung der Arbeit. Schon Mitte März war der Star wieder in Deutschland.

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Interview 1977

Zur Retrospektive Marlene Dietrich 1977 in Berlin versprach Werner „Instant“ Plack, ein alter Bekannter von Marlene, ein Interview zu vermitteln. Wolf Donner, damals der neue Leiter der Filmfestspiele, und ich stellten einen Fragenkatalog zusammen. Natürlich ließ Marlene niemanden in ihre Wohnung; Plack und Donner sollten die Fragen unter der Tür durchschieben. Sie schickte dann den Fragebogen sehr schnell zurück und Donner schrieb am 9. Mai an Plack:
Dieses Interview ist das skurrilste, das ich je gelesen habe. Die Abneigung, sich den Fragen zu stellen, hätte Marlene Dietrich kaum frostiger, aber auch lustiger als auf diese Weise demonstrieren können. Ich glaube allerdings kaum, dass man das wird drucken können.“
Für den Begleitband zur Retrospektive wurden 10 Fragen und Antworten ausgewählt. Hier jetzt alle Fragen und Antworten.

Zunächst ein paar Fragen zu Ihren Filmen. Welche haben Sie heute noch besonders gut in Erinnerung? Weiterlesen

Fernsehen über Filme 1954

t.v. – Total verdreht. Heitere Fernsehausschnitte aus amerikanischen Filmen. Zusammenstellung: Hans Scholz 5. Januar
Im Wirbel der Stars und Synkopen. Hollywood-Melodie Nr. 13 15. Januar –
Nr. 14: 27. Januar – Nr. 15: 10. Februar – Nr. 16: 24. Februar – Nr. 17: 10. März
Weitere Sendungen, nicht mehr numeriert, am:
24. März, 7. April, 21. April, 5. Mai, 4. Juni, 30. Juni, 14. Juli, 28. Juli, 11. August, 25. August, 8. September, 22. September, 11. Oktober, 20. Oktober, 11. November und 1. Dezember
Manuskript und Filmauswahl: Michel Kehlmann. Sprecher: Heinz Piper
Klingendes Film-Mosaik. Musikalische Querschnitte aus deutschen Musikfilmen. Zusammenstellung: Wilhelm Bühler. 19.Januar
Greta Garbo. Eine große Filmschauspielerin ihren großen Szenen. 5. März
Hoppla, jetzt komm ich!
Hans Albers – ein Kapitel deutscher Filmgeschichte mit Ausschnitten aus seinen Filmen. 31. März
Vergangen, nicht vergessen. Wir stöberten in alten Filmarchven. Zusammenstellung Ilse Aeckerle und Herbert Victor. Musikalische Begleitung: Olaf Bienert. 6. April
Charlie Chaplin. Der große Schauspieler in unvergessenen Filmszenen. 14. April:
Angeklagt: Der Wildwestfilm. Die Abenteuer mit Pionieren, Pferden und Pistolen – seit 50 Jahren geliebt und verurteilt. In Ausschnitten gezeigt und scharf unter die Lupe genommen von Karl-Heinz Richter und Wolfgang März. 29. April
Paula Wessely. Eine liebenswerte Künstlerin in ihren bekannten Filmszenen. 8. Mai:
Emil Jannings. Ein großer Schauspieler in seinen bedeutenden Filmszenen. 26. Mai:
Sonderbericht
zur Eröffnung der 4. Internationalen Filmfestspiele Berlin 1954. 16. Juni:
Treffpunkt Berlin. Eine Übertragung aus der Waldbühne anlässlich der 4. Internationalen Filmfestspiele 1954 mit beliebten Rundfunk-Künstlern. 19. Juni
Klassische Dichtung auf der Leinwand. Ausschnitte aus alten Filmen, zusammengestellt und kommentiert von Fr. Aeckerle. 22. Juni:
Clark Gable. Ein bekannter Schauspieler in seinen großen Filmen. 23. Juni: Sonderbericht zu den 4. Internationalen Filmfestspiele Berlin 1954. 25. Juni
Abschlussbericht zu den 4. Internationalen Filmfestspiele Berlin 1954.. 28. Juni:
Heinrich George. Ein unvergessenerr Schauspieler in seinen großen Filmen. 21. Juli
Der Hauptfilm hat noch nicht begonnen. Neue Filme – ferngesehen, nah betrachtet. Eine Sendung von Jürgen Roland. 30. Juli
Als der Tonfilm zur Welt kam. Ein Gespräch mit Dr. h.c. Joseph Masolle und Hans Grothe mit Beispielen aus den Anfängen des Tonfilms. Leitung: Sven Kluwe. 17. August
Adele Sandrock. Eine unvergessener Schauspielerin in ihren großen Filmszenen. Manuskript und Sprecher: Michael Kehlmann. 18. August
Der Hauptfilm hat noch nicht begonnen. Neue Filme – ferngesehen, nah betrachtet. Eine Sendung von Jürgen Roland. 21. August
Der Hauptfilm hat noch nicht begonnen. Neue Filme – ferngesehen, nah betrachtet. Schloss Hubertus – Brot, Liebe, Fantasie – 08/15 – Sie. Eine Sendung von Jürgen Roland. 4. September
So kennen wir ihn. Charles Laughton in seinen großen Filmszenen. 15. September
Der Hauptfilm hat noch nicht begonnen. Neue Filme – ferngesehen, nah betrachtet. Redaktion: Jürgen Roland. 25. September.
Weitere Sendetermine der Reihe 16. Oktober – 30. Oktober – 29. November – 11. Dezember – 28. Dezember
Kulturfilmschaffen des Auslandes. Wir machen Sie mit zwei eindrucksvollen Neuschöpfungen aus Italien bekannt: Die Gottesanbeterin – Insekt oder Raubtier? und Der tödliche Dschungel – Kampf der Tiere im Urwald. 10. November:
Der Hauptfilm hat noch nicht begonnen. Die flimmerende Leinwand, von Geiselgasteig bis Hollywood. Leitung: Friedrich Sauer. 13. November:
Marianne Hoppe. Eine große Schauspielerin in ihren bekannten Filmszenen. 19. November:
Evergreens – Immergrün. Unvergessene Filmmelodien. 3. Dezember:
Ein Leben für den Film. Vierzig Jahre Harry Piel. I. „Kintopp und Sensationen. 6. Dezember – II. „Menschen und Bestien“ – 13. Dezember

Ohne Autor: Verzicht auf Hauptmanns „Faust“-Titel? – Hinter den Kulissen des „Faust“-Films

Wie erinnerlich, hat der Verfasser des von der „Ufa“ in Berlin gedichteten „Faust“-Films Hans Kyser vor kurzem an Gerhart Hauptmann einen offenen Brief gerichtet, in dem er gegen die von dem Dichter über Ersuchen der Fabrikationsfirma verfassten Zwischentexte Stellung nahm und dieselben als zu literarisch und für sein „Faust“-Manuskript nicht geeignet bezeichnete. Die „Ufa“ hatte darauf erklärt, dass sie unter allen Umständen an den Untertiteln Gerhart Hauptmanns, die aus nicht weniger als sechshundert Versen bestanden, festhalten werde.
Nun war dieser Tage, wie das „N[eue] W[iener] J[ournal]“ berichtet, in einem Wiener Kino eine Presse- und Interessentenvorführung angekündigt, in der der „Faust“-Film mit den Texten Gerhart Hauptmanns gezeigt werden sollte. Auffällig war, dass der Film in Berlin weder den Interessenten noch dem Publikum vorgeführt wurde. Zur Enttäuschung des Publikums teilte aber vor Beginn der Vorführung der Generaldirektor der Wiener Filiale der „Ufa“, Kommerzialrat Stern, mit, dass der Film mit den Titeln Hans Kysers vorgeführt werde, die Texte Gerhart Hauptmanns aber bis zu der in einigen Monaten stattfindenden Premiere bestimmt fertiggestellt sein werden.
Wie wir erfahren, hat es sich in Berlin bei einer internen Vorführung des „Faust“-Films vor den Fachleuten der „Ufa“ ergeben, dass die Zwischentexte Gerhart Hauptmanns tatsächlich zu dem Film zu schwer und – gehaltvoll sind. Man ist deshalb an den Dichter mit dem Ersuchen herangetreten, die von ihm verfassten Titel einer Änderung zu unterziehen. In Fachkreisen ist man jedoch der Meinung, dass der Film bestimmt mit den Titeln Hans Kysers zur Aufführung kommen wird, da der Dichter über diese Ablehnung verstimmt und nicht gesonnen sein soll, eine Umarbeitung der Titel vorzunehmen. Von den Freunden Gerhart Hauptmanns soll übrigens die Herausgabe seiner „Faust“-Texte als Buch geplant sein.
Was nun den Film betrifft, der nunmehr mit den Titeln Hans Kysers zur Vorführung gelangte, so will es scheinen, als ob tatsächlich zwischen Gerhart Hauptmann und diesem Faust keinerlei Beziehungen bestehen könnten. Es mag den Dichter gereizt haben, zum „Faust“-Problem, das Goethe sein ganzes Leben lang beschäftigt hat, Stellung zu nehmen, und man kann wohl annehmen, dass er für eine Verfilmung des Goetheschen „Faust“ der richtige Textdichter gewesen wäre. Da hätte gerade das Dunkle, Ringende in ihm den geeigneten Interpreten gefunden, und es wäre vielleicht das Filmkunstwerk entstanden, von dem alle Freunde des Kinos, die in der Beweglichkeit und in dem Allumfassenden des Films eine neue Kunst sehen, seit langem träumen.
Der Faust Hans Kysers aber, der sich vorsichtig und bescheiden als eine Verfilmung der Volkssage geriert, aber doch aus dem Bronnen Goethes genascht hat, behandelt das Problem ganz oberflächlich und ungedanklich. Faust ist von allem Anfang an weniger ein Denker, als ein in der Alchemie ergrauter Gelehrter, den nicht Zweifel an dem Worte der Heiligen Schrift zur Teufelsanbetung treiben, sondern die Unmöglichkeit, ein Pestserum zu finden, was allerdings Gelegenheit zu prachtvoll arrangierten Pestszenen gibt. Die „Gretchentragödie“ ist, anders als beim Mederowschen „Faust“, direkt in den Mittelpunkt gerückt, und das Ganze endet damit, dass Gretchen wegen Kindesmordes verbrannt werden soll und mit Faust, der wieder alt geworden ist, auf dem Scheiterhaufen stirbt. Daraufhin Verklärung a la Senta und fliegender Holländer, und Mephisto versinkt, besiegt durch das eine in allen Filmkünsten erstrahlende Wort „Liebe“.
Der Film, der natürlich dem Kinopublikum sehr gefallen wird, bringt prachtvolle schauspielerische Leistungen. Ein wirklicher Faust, wie man ihn auf der Bühne nicht findet, Gösta Geßmann (!) aus Schweden, dann die wunderbar innige Gerte Horn (!) als Gretchen und namentlich Emil Jannings als gemütlich dämonischer Mephisto. Für die Martha hat man sich keine Geringere als Yvette Guilbert verschrieben, die zeigt, dass man Chansons auch filmen kann.
Alles in allem aber sieht man doch, dass die Dichter reine Toren sind. Der Überredung welchens „Managers“ ist es wohl gelungen, Gerhart Hauptmann zu diesem Filmabenteuer zu bewegen?

In Das kleine Journal, Berlin, 18. September 1926

Gerhart Hauptmann und Faust von F.W. Murnau

Vorbenerkung:
Um den Faust-Film von F.W. Murnau aufzuwerten, beauftragte die Ufa am 10. August 1926 Gerhart Hauptmann, für ein Honorar von 20.000,- Reichsmark die Zwischentitel zu bearbeiten. Hauptmann lehnte eine Bearbeitung ab, erklärte sich aber bereit, für ein Honorar von 40.000 Reichsmark gänzlich neue Zwischentitel zu machen.

Neben dem Filmmanuskript hatte Hans Kyser auch die Zwischentitel geschrieben. In einem Offenen Brief wandte sich Kyser an Hauptmann und forderte ihn auf, die Zwischentitel nicht zu verfassen. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich Hauptmann aber gegenüber der Ufa schon vertraglich verpflichtet.
Obwohl es gelegentlich anders berichtet wird, stellte die Ufa keine Kopie von Faust mit den Zwischentiteln von Hauptmann her. Zur Berliner Premiere von Faust erschien eine Broschüre mit Fotos zu dem Film und allen Zwischentiteln von Hauptmann.
Die einzige Fassung von Faust mit den Zwischentiteln von Hauptmann produzierte Stefan Drössler für das filmmuseum münchen; die Premiere dieser Fassung war am 18. April 2019. Eine DVD-Edition ist in Vorbereitung.
Die folgenden Briefentwürfe von Gerhart Hauptmann befinden sich im Nachlass Gerhart Hauptmann in der Handschriftenabteilung der Staatsbibliothek Berlin – Stiftung Preussischer Kulturbesitz.
Die Briefe sind digitalisiert und einsehbar unter https://digital.staatsbibliothek-berlin.de/suche?category%5B0%5D=Gerhart%20Hauptmann&queryString=Hans%20Kyser&fulltext=

[Telegrammentwurf, nicht datiert]

Hans Kyser Hafenplatz 1 Berlin
Expressbrief nicht erhalten. Von einer Filmkorrektur kann garnicht die Rede sein. Ufa verlangt von mir die nicht vorhandenen Bildzwischenschriften, die ich auch vertraglich übernommen habe.
Inwiefern dies in deine Rechte eingreift, weiss ich natürlich nicht, da ich nur mit Ufa zu tun habe. Sonst aber ist mir ganz unerfindlich, wieso meine Mitarbeit einem alten Freunde unerwünscht sein könnte.
Gruss
Hauptmann

[Undatiert; wahrscheinlich nach Erscheinen des Offenen Briefes geschrieben; Hauptmann Darstellung widerspricht den Aussagen der im Katalog „Hätte ich das Kino! – Die Schriftsteller und der Stummfilm: Eine Ausstellung des Deutschen Literaturarchivs im Schiller-Nationalmuseum Marbach a.N., 1976 abgedruckten Briefe der Ufa.]

Geehrter Freund
Dein Brief zeigt die Fähigkeit, die allereinfachste Sache temperamentvoll zu komplizieren.
Die Direktion der Ufa trat an mich heran, mit der Bitte, die Schriften [gemeint sind die Zwischentitel] zu einem Faust-Film zu schreiben, was ich zuerst ablehnte. Ob ich, so wurde ich daraufhin gefragt, wenigstens die vorhandenen Schriften revidieren und einen Rat geben wolle, wie sie zu verbessern seien. Dazu war ich schließlich bereit.
Ich sah den Film, dessen Materie ohne Beschriftung einer naiven Menge nicht verständlich werden kann. Die Schriften aber im Film-Manuskript, sogenannte Titel in der Filmsprache, waren, wie ich mich später überzeugen konnte, von einer so vollendeten Leere und Nichtigkeit, dass keine Verbesserung dieses dürftige und leichtsinnig hingeschmierte Zeug lebensfähig gemacht hätte.

Friedrich Hussong: Hauptmanns „Faust“

Er erspart unserer ohnehin stellenweise ramponierten Ehrfurcht aber auch nichts, der „Repräsentativste Dichter“ Deutschlands.
Jetzt hat sich folgendes begeben:
Der Schriftsteller Hans Kyser, Mann von manchen Graden, dem Menschen Gerhart Hauptmann durch nahe Freundschaft verbunden, dem Dichter Gerhart Hauptmann als Jüngerer und Jünger tief ergeben, hat für irgendjemanden ein Faustfilm-Manuskript geschrieben. Der Film ist schon fertig. Da erfährt Kyser durch die Zeitung – nicht durch den Freund und Meister Gerhart, sondern durch die Zeitung, dass dieser es übernommen hat, die Zwischentitel zu seinem, Kysers, Filmmanuskript noch einmal zu schreiben. Auf die telegraphische Bitte des Freundes und Jüngers, ihm doch nicht auf so für alle Teile peinliche Weise in die Arbeit zu pfuschen, antwortet Meister Gerhart mit dem hoffentlich ungeheuchelten Ausdruck des Erstaunens darüber, dass dem Freund und Jünger die Mitarbeit eines alten Freundes unerwünscht sein könne. Diese, wohlgemerkt, einigermaßen meuchlerische Mitarbeit.
In einem offenen Brief an Gerhart Hauptmann schüttet darauf Hans Kyser uns und diesem sein Herz über die Sache aus; in einem offenen Brief, der klug und bei aller Deutlichkeit so taktvoll geschrieben ist, dass man zweifelt, ob das wenig kluge und wenig taktvolle Verhalten Hauptmanns ihn verdient habe. Zart und deutlich macht Kyser Herrn Hauptmann klar, dass seine literarische Bemühung um einen Faustfilm diesem „sofort jenen literarischen Charakter gibt, der eine literarische Würdigung desselben hervorrufen muss und den gänzlich untragbaren Vergleich zu Goethes Faust herausfordert“.
Offenbar scheut Herr Hauptmann aber den von ihm ja auch sonst vielfach herausgeforderten Vergleich durchaus nicht. Sollen doch, wie Herr Kyser schaudernd erfährt, die Knittelverse der Hauptmannschen Zwischentexte als Hauptmannsche Faustdichtung demnächst in Buchform erscheinen. Sehr schön sein Freundschaftsverhältnis und seine Jüngerschaft schonend, sagt Kyser dazu: „Mit der furchtbaren Unabhängigkeit, die der Verkehr mit der Wahrheit gibt, stehe ich gegen Dich an, Gerhart Hauptmann, und sage als höflicher Freund: Im weiten Pantheon der allzu sterblichen Filmgötter ist Raum für alle Geister … für deinen als Titelverfasser nicht! Dazu bist Du mir zu groß!“

Gerhart Hauptmann sich selber aber offenbar nicht.
Und hier fängt die Sache an, etwas mehr zu sein, als nur eine hässliche und unvornehme Angelegenheit Hauptmanns gegenüber Kyser.
Wer ist dem „Namen des repräsentativsten Dichters“ Respekt schuldig, wenn der repräsentativste Dichter selbst diese Schuld verleugnet? Es soll der Sänger, wenn schon nicht mehr mit dem König, doch auch nicht in den Kientopp gehen. Es soll der Meister, der für sich Ehrfurcht heischt, nicht dem Jünger die Achtung vor dessen Arbeit versagen. Es soll der Künstler, der fürstliche Rechte der Unantastbarkeit für sein Werk beansprucht, nicht fremdes Werk antasten. Am wenigsten soll und darf er’s mit einer Leistung, von der er weiß und wissen muss, dass er für sie höchst überflüssig ist.
All diese Sünde wider den Geist ist hier begangen. Begangen von dem „repräsentativsten Dichter“ Deutschlands. Da er das ist und das zu sein durchaus beansprucht, ist seine peinliche Verirrung – nicht seine erste! – ein wenig unser aller Blamage, gegen die zu verwahren recht ist und Pflicht sein mag.
Es ist nicht das Geschäft, es dürfte nicht das Geschäft des „repräsentativsten Dichters“ sein, gegen ein vielleicht verführerisches Filmhonorar die zweifellos geschmackvollen, würdigen und sachlichen Film-Zwischentitel eines anderen, eines Freundes, eines in seinem literarischen Können von ihm gewürdigten Freundes in Knittelverse zu bringen. Muss schon dergleichen gemacht werden, was ganz gewiss hier nicht der Fall war, so gibt es Spezialisten für Reklamedichtungen genug, die im Adressbuch leicht zu finden sind und die auf Anruf Hochzeitsgedichte, Reklamereime und auch Titelknittelverse in jeder Preislage raschestens liefern.
Oder will uns jemand den kindlichen Glauben zumuten, den Filmdirektor und seinen literarisch gebildeten Propagandachef hätte etwas anderes als ein glühendes Reklamebedürfnis von Kyser zu Hauptmann getrieben? Auch der Dichter des „Hannele“ durfte im Zeitalter des Radio und des Films nicht sechzig Jahre alt werden, ohne den Geruch eines dergleichen Bratens erkennen zu lernen. Gerhart Hauptmann hört in dem Augenblick, da er sich’s gefallen lässt, – und er lässt sich’s gern gefallen – als der „repräsentativste Dichter“ Deutschlands zu gelten, er hört in diesem Augenblick auf, ganz nur eine Privatperson zu sein. Er übernimmt mit dieser Würde die Bürde gewisser unerlässlicher Rücksichten. Diese hat er – wieder einmal – außer acht gelassen. Kyser ist er dafür zu groß. Uns allen ist er dafür immerhin zu gut. Sich selbst hätte er’s vor allem sein müssen. Wir alle fühlen’s – er fühlt’s nicht. Das ist peinlich.
Wie leicht kann Peinlichem Peinlicheres folgen. Wie leicht könnte eine Schuhputzmittelfirma das Reimtalent Gerhart Hauptmanns entdecken. Hoffentlich haben den Meister des beleidigten, in seinem Eigensten unfein und unrein angestasteten Jüngers Worte würdiger Abwehr tief ergriffen. Wär’ es nicht, man müsste an seinem Menschtum verzweifeln. An dem Menschtum des Mannes, dem wir so Schönes verdanken und immer gern rein gedankt hätten. Woran er so fatal uns manchmal hindert.

Der Montag, Nr. 34, 8. September 1926,

Hans Kyser: Offener Brief an Gerhart Hauptmann

Zum Streit um die Faust-Filmtitel

Vor einiger Zeit erfuhr ich durch eine Zeitungsnotiz, dass Du, hochverehrter Freund Gerhart Hauptmann, es übernommen hast, die Zwischentitel zu meinem Faustfilm-Manuskript noch einmal zu schreiben. Auf meine telegraphische Bitte, von einer literarischen Korrektur meines Faustfilms Abstand nehmen zu wollen, antwortest Du mir, dass Dir der Film ohne Zwischentitel vorgeführt sei und es Dir ganz unerfindlich wäre, wieso Deine Mitarbeit einem alten Freunde unerwünscht sein könnte.
Es bedarf bei meiner ehrfurchtsvollen Stellung zu Deinem künstlerischen Gesamtwerk und bei unserer mich tief beglückenden geistigen Freundschaft keines Wortes, wie sehr es mich und meine filmische Arbeit ehrt, wenn Du sie für würdig Deiner Mitarbeit erachtest. Aus dem Großmut und der Liberalität des Urteils, die Schiller den Meistern und Kennern vor den viel schwieriger zu befriedigenden Halbkennern und unreifen Köpfen zuspricht, hast Du dem Faust-Film einige Worte des Lobes gespendet, denn „wer reich ist und innere Fülle besitzt, kann auch anderen geben, ohne dass er sich dadurch arm macht.“
Der Name des repräsentativsten Dichters dem Faustfilm vorangestellt, legitimiert das vielleicht allzu kühne Unterfangen, Goethes Weltdichtung, diese encyclopädische, unausschöpfbare Offenbarung höchster dichterischer Intelligenz, noch einmal im Sinne der alten Volksbücher auf die Elemente der mittelalterlichen Sage zurückzuführen und die großartige Bildkraft der Volksphantasie im stummen Filmbild Erscheinung werden zu lassen. Aber diese geistige Legitimation durch Deine Mitarbeit, – ganz gleich, wie auch Deine Zwischentexte ausfallen mögen -, gibt dem Filmwerk sofort jenen literarischen Charakter, der eine literarische Wertung desselben hervorrufen muss und den gänzlich untragbaren Vergleich zu Goethes Faust herausfordert.
Schon predigt ein offenbar aus dem Jahrmarktsfest zu Plundersweilen entsprungener Marktschreier Schlagworte von „Gerhart Hauptmanns Faustdichtung“ durch die Welt, und es wird angedroht, dass Deine Knittelverse – in 14 Tagen auf Grund meiner in einfacher Prosa gehaltenen Filmtitel von Dir hergestellt – mit den Bildern des Films zusammen als Deine Faustdichtung in Buchform erscheinen und später Deinen „Gesammelten Werken“ eingereiht werden sollen……
Auf den sturmüberwehten Sanddünen von Hiddensee suchte ich Dich auf, weil ich im tiefsten Respekt vor der literarischen Bildung der Filmpropagandachefs unausdenkbare Folgen für die… Fortexistenz der südamerikanischen Goethebünde befürchtete. Wolkengleich wandelte uns über das Meer der Olympier selbst, begleitet von den errötenden Göttern Griechenlands entgegen, während wir faustisch miteinander um die Faustfilm-Zwischentitel rangen.
Es murmeln die Wogen ihr ew’ges Gemurmel
Es wehet der Wind, es fliehen die Wolken,
Es blinken die Sterne gleichgültig und kalt.
Und ein Narr wartet auf Antwort.
Ich warte noch immer auf Deine mich den Autor des Faustfilms immerhin auch etwas angehenden Fausttitel, die 700 – siebenhundert – Verszeilen umfassen sollen. Wer diese Verse, (und wären sie von Goethe selbst), nachträglich einzufügen wagte den stumm-beredten Bildern, die Murnaus genialer Inszenierung wahrlich in einem eigenen hinreißenden Rhythmus von Spiel, Licht, Einstellung, Linie, bewegtem Apparat, selbstherrlich schwingen gehört in eine Klippschule für Filmdramaturgie. Hier müssen ein für allemal reinliche Grenzen gezogen werden.
Der Film lebt allein von der visionären Kraft seiner Bildgestaltung, und ergreift er Stoffe der Literatur, so entgeistigt er sie nicht nur, er zerreißt die geheimnisvollen Bindungen des Stils, er zertrümmert völlig die dichterischen Persönlichkeitswerte, um allein die Bildvorstellungen zu einem neuen, keineswegs entseelten, keineswegs unpersönlichen, durchaus organischen Gebilde zusammenzufassen. (Ich spreche hier nur von den Möglichkeiten der Filmkunst, nicht von ihren mehr oder weniger auf Zweckmäßigkeit gestellten Kompromisserfüllungen.) Vermessen der Wahn, dass jemals ein Filmwerk die seelenoffenbarende Schönheit, Tiefe und Gewalt der Sprache erreichen könnte! Aber zuweilen etwas darüber hinaus: die Bereicherung der menschlichen Imagination. Nur in diesem Zusammenhang erinnere man sich der kleinen Szene, wie Goethe die Delacroixschen Steindrucke zu Faust betrachtend sich äußerte: “Und wenn ich nun gestehen muss, dass Herr Delacroix meine eigene Vorstellung bei Szenen übertroffen hat, die ich selber gemacht habe, um wieviel mehr werden nicht die Leser alles lebendig und über ihre Imagination hinausgehend finden!“
Auch ein Meister kann sich einmal dilettantisch gebärden, wenn er seine Tätigkeit auf Gebiete erstreckt, die ihm nicht zukommen. Mit der „furchtbaren Unabhängigkeit, die der Verkehr mit der Wahrheit gibt“, stehe ich gegen Dich an, Gerhart Hauptmann und sage als höflicher Freund: „Im weiten Pantheon der allzu sterblichen Filmgötter ist Raum für alle Geister … für deinen als Titelverfasser nicht! Dazu bist Du mir zu groß!“

Wenn da und dort in einem Film photographierte Worttitel als Übergänge, Ausrufe, Erläuterungen und schlechter schon als Dialog erscheinen, so dürfen diese Texte niemals literarische Erzeugnisse im Sinne individueller Sprachdichtung sein, sondern sie geben die allgemein gültigen Sprachbildvorstellungen selbst. Sie sind der objektive Ausdruck des Bildes und oft schwerer zu schaffen als Verse und Reime. Ich glaube nicht, dass du, Gerhart Hauptmann, einer von den wenigen Deutschen, die meine dichterischen Werke wirklich gelesen haben, mir nicht zutrauen solltest, Zwischentitel in Versform zu bringen, wenn ich es für nötig erachte. Wohl schwingt auch ein Rhythmus in diesen Titeln, meist schon beim Entwerfen des Bildes selbst aus seiner Bewegung geschaffen: der Rhythmus der Prägnanz. Aber niemals duldet ein Film die durchgehende Verwendung literarischer Verskunstform, mögen diese nun Sonette oder Knittelverse sein. Das sind literarische Reminiscenzen, die der Film mit seinem herrlich rücksichtslosen Zeittempo beiseite fegt, und wären es die Spruchbänder der Engel selbst.

Wir wollen uns nicht täuschen: nie würde ich den Anspruch erheben, auch mit vollkommenen Filmtiteln eine dichterische Leistung vollbracht zu haben, denn dann wären die Titel falsch; und du denkst nicht daran, die Filmschöpfung des Faust durch eine allzu zügellose Reklame für dich in Anspruch nehmen zu lassen. Ein Film ist ein Gesamtwerk, dessen dramaturgische Vorlage der Autor (mit welchen bitteren Zugeständnissen!) schafft, das aber erst seine Erfüllung und künstlerische Schönheit in der mehr oder weniger großartigen Gestaltung durch den Regisseur mit seinen künstlerischen Mitarbeitern erhält.
Die Zwischentitel sind für das vielhundertfältige Filmwerk von zuweilen notwendiger, aber immer untergeordneter Bedeutung, und so einfacher sie sich geben, um so reiner bleibt die Wirkung der Bildgestaltung erhalten.
Kein Film aber verträgt weniger die Anlehnung an ein literarisches Niveau als der Faustfilm. Wir haben mit ihm keine Literatur geschaffen! Die Literatur will dort, wo das Weltchaos noch immer gütigst gestattet, es zum sprachlichen Kosmos umbilden. Aber wenn auch die Filmkunst, heute noch eine Kompromisskunst, traditionslos ist und zuweilen Urformen von phantastischer Unbildung zeigt, sie hat vielleicht gerade um ihrer Irrtümer, mehr aber noch um ihrer Weltresonanz willen das Recht, auch zu Dir, Gerhart Hauptmann, zu sprechen: Hilf ihr nicht auf die literarischen Versfüße, sondern spende ihr aus der Fülle Deines Genies neue stumme Bildvisionen von der erschütternden Gewalt deiner großen Wortdramen und lehre die deutsche Filmkunst, was ihr vor allem fehlt: die Achtung vor jedem auch noch so bescheiden wirkenden schöpferischen Geist, oder um es in diesem Fall so unpersönlich wie möglich zu sagen: die Achtung vor mir.

Dein
Hans Kyser
B.Z. am Mittag, Nr. 237, 1. September 1926

Hardy Krüger obsiegte – Lichtblick in der Schnulzendüsternis

Der Filmschauspieler Hardy Krüger hat sich mit der Begründung, dass er eine so alberne Rolle nicht spiele, geweigert, im zweiten Teil des Films Liane [Liane . die weiße Sklavin. R: Hermann Leitner]mitzuwirken. Er verzichtete damit auf die ihm angebotene Gage von 60 000 Mark, wonach die Arca-Film Adrian Hoven nur unter der Bedingung für die Rolle gewann, dass die Produktion ihm 80 000 Mark dafür anbot und auch zahlte. Wie der Film ausgefallen ist, weiß man jetzt: eine Superschnulze. Nun verklagte die Arca-Film Krüger mit dem Ziel, die Mehrkosten von 20 000 Mark zu übernehmen. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab, weil Krüger das Drehbuch laut Vertrag ablehnen konnte und infolgedessen zum Rücktritt vom Vertrag berechtig war.

Der Fall ist ein Beispiel dafür, dass einige Filmproduzenten offensichtlich dazu übergehen wollen, ihren schlechten Geschmack nun auch noch mit gerichtlichen Mitteln durchzusetzen. Soweit sind wir also, dass Schauspieler, die eine Tätigkeit vor ihrem Gewissen nicht mehr verantworten können, gerichtlich zur Schnulzenproduktion gezwungen werden sollen! Der betreffende Produzent wird ins Feld führen, dass ihm die Handlungsgrundlage entzogen wird, wenn Verträge „aus Gewissensgründen“ nicht mehr erfüllt zu werden brauchen. Abgesehen davon, dass hier der Fall anders lag und Krüger auch aus rechtlichen Gründen von diesem Vertrag zurücktreten konnte, sollten sich Filmproduzenten endlich dazu entschließen, ihr Verhalten gegenüber dem Unterhaltungsfilm zu überprüfen. Dass sie Geschäfte machen, verübelt ihnen niemand, – aber wie sie diese Geschäfte machen, bedarf der Revision.

Kj in: Film-Telegramm, Nr. 50, 10. Dezember 1957

Gero Wecker: Offener Brief an Helmut Käutner

Gero Wecker

Sehr geehrter Herr Käutner!
Finden Sie es richtig, daß Sie vom dollarschweren Amerika aus Ihrer deutschen Heimat die Leviten lesen? Wenn Sie uns deutschen Produzenten so großzügig über den Ozean rufen, daß Sie in der von Ihnen und den Regisseuren Staudte und Braun neu gegründeten ,,Freien Filmproduktion Hamburg“ endlich „experimentieren können, auch auf die Gefahr hin, daß wir dabei Geld verlieren sollten“, dann frage ich Sie: Wer ist WIR? Sie selbst doch bestimmt nicht! Sicher eine Bank, ein Verleiher oder ein Theaterbesitzer, denn auf Ihre Gage werden Sie wohl nicht verzichten.
Der Film ist eine Industrie, jede Industrie muß Geld umsetzen. Für Pläne, wie die Ihren, braucht man Mäzene oder den Staat. Der Staat aber will an unserer deutschen Filmindustrie jährlich mehrere hundert Millionen Steuern verdienen. Er scheint also an dem deutschen Film als Kulturträger uninteressiert zu sein, denn er subventioniert und steuerbegünstigt die Schauspielhäuser und Opern der Großstädte, nicht aber uns!
Verehrter Herr Käutner, die deutsche Filmindustrie ist die ärmste aller deutschen Industriezweige – sie leidet noch heute am meisten unter dem verlorenen Krieg. Wer nun von uns Produzenten das Glück hatte, sich mit vielen – von Ihnen angeprangerten – Durchschnittsfilmen ein gewisses Kapital zusammengearbeitet zu haben, der wird auch vielleicht einmal pro Jahr eine Summe seines eigenen Kapitals einsetzen können, um sich seine Sehnsucht zu erfüllen, einen gewagten, hochwertigen Film herzustellen. Dies aber kann immer nur ein Einzelfall unter vielen sein, denn es ist das Wesen der großen Kunst, daß sie selten ist.

Von künstlerischen Experimentier-Filmen. wie Sie sie nun endlich in eigener Firma ohne andere Produzenten, die „nur Ihr Niveau niedrig halten“, planen, halte ich gar nichts, denn Filme, die kein Geld bringen, beweisen, daß sie das Publikum nicht hat sehen wollen. Das Gedankengut solcher Filme gehört in die subventionierten Kammerspiel-Theater unserer Städte, die hierfür den entsprechenden Interessentenkreis haben. Ein deutscher Produzent muß sehr wach sein, wenn er seine Mitarbeiter, seine Schauspieler, die Theaterbesitzer und nicht zuletzt sich selbst nicht ins Unglück hineinreißen will. Die intellektuellen Vorschläge, welche davon ausgehen, daß ein Film seine über die Million hinausgehenden Herstellungskosten nicht wieder zurückbringen muß, wenn er nur kulturell hochwertig ist, sind lebensgefährlich für den deutschen Film und enttäuschend für unser Publikum. Ich stimme in einem mit Ihnen überein: Das Niveau muß gehoben werden – aber nicht durch hochtrabende Interviews, noch dazu vor der Auslandspresse.
Mit bestem Gruß!
Berlin ARCA-FILMGESELLSCHAFT mbH.

Gero Wecker

Filmblätter, Berlin, Nr. 49, 6.12.1957

Zwischen Hollywood und Hamlet. Unterhaltung mit Helmut Käutner

Von Karl-Heinz Krüger

Helmut Käutner

Sein Haar ist noch kürzer geworden, und im Gespräch benutzt er nun auch Vokabeln aus Hollywoods Experten-Slang. Darüber hinaus aber hat die kalifornische Filmmetropole den Helmut Käutner – jedenfalls rein äußerlich – nicht verändert. Er hat die Arbeiten an seinen ersten beiden amerikanischen Filmen Wonderful Years [gemeint ist The Restless Years] und Ride A Tiger [gemeint ist Stranger in my Arms] bei Universal beendet und traf in Berlin ein, wo er während der Vorarbeiten zu Schinderhannes und Der Rest ist Schweigen seinen Umzug aus der kleinstädtischen Enge des Breitenbachplatz in sein neues Haus im Grunewald vorbereitet. Bevor er Anfang Mai als Jury-Mitglied nach Cannes reist, will er das Haus bereits bezogen haben. – Zwischen Besprechungen mit Architekt und Autor beantwortete er uns in einem Interview verschiedene aktuelle Fragen.

„Sie haben Ihren Vertrag mit Universal gelöst?“

„Der Vertrag wurde in gegenseitigem Einverständnis gelöst. Ich hatte um diese Lösung gebeten, weil Stoffe und Stilrichtung der Universal nicht meinen Plänen entsprechen. Aber ich bin dankbar, dass ich mich in zwei typischen amerikanischen Filmen fit machen konnte für Hollywood. Ich beherrsche jetzt das amerikanische Handwerk. Ich kann mich einfügen. Ich kann den Amerikanern zwei amerikanische Filme zeigen, und sie werden mir glauben, dass ich kein verrückter Europäer bin, der auf Teufel komm raus experimentieren will. Man hat drüben tolle Manschetten vor europäischen Regisseuren, weil man sie als extravagante und schwierige Individualisten fürchtet. Außerdem hat der Fischer-Skandal eine ganze Menge Schaden angerichtet – aber den machte [Curd] Jürgens gottseidank durch seinen tadellosen Eindruck als Person fast wieder wett.“

“Spürten Sie als Regisseur in Ihren Arbeitsbedingungen einen wesentlichen Unterschied zwischen Deutschland und Amerika?!“

“Na, enorm! Die ganz großen unabhängigen Kanonen wie Kazan, Zinnemann, Stevens und Wilder, die ja auch fast alle selbst produzieren, müssen wir hier mal ausklammern. Die haben natürlich absolute Autorität… Aber der gute solide Durchschnittsregisseur hat viel weniger Entscheidungsfreiheit als bei uns.
Der geistige Schöpfer des Films ist der Producer (der sich natürlich gar nicht ums Geld und die anderen wirtschaftlichen Dinge kümmert). Der Producer sucht den Stoff. Er holt den Autor. Den Regisseur. Er macht die Besetzung. Einer von allen ist eben der Regisseur. Der ist im Atelier die vollziehende Gewalt.
Da hat er Macht. Sobald er aber abgedreht hat, läuft auch sein Vertrag aus. Sein Verhältnis zu seinem Film ist längst nicht so persönlich wie das bei uns der Fall ist. Sie können ihn nicht für den Schnitt, nicht für Musik und nicht für den Gesamtablauf und schon gar nicht für das Drehbuch verantwortlich machen. Da entscheidet in jedem Falle der Producer…
Ich holte mir schon sehr merkwürdige Blicke, als ich mich um den ersten Schnitt und die Musik kümmern wollte. Das war ganz ungewöhnlich für die Leute. Sie waren gewohnt, dass der Regisseur seine Arbeit abliefert wie alle anderen. Und aus diesen Einzelteilen wird der Film später aufgearbeitet. Dabei ist der absolute Star übrigens das fix und fertige Buch. Die Kämpfe darum werden vorher unter Professionals ausgetragen. Ein Rumfummeln gibt es später nicht. Schon gar nicht durch Schauspieler! Das ist natürlich sehr angenehm.“

„Wie werden Sie in Ihrer Freien Filmproduktion arbeiten?“

Helmut Käutner, Wolfgang Staudte, Harald Braun

„Es stimmt keineswegs, dass wir die Gesellschaft gegründet haben, um auf anderer Leute Kosten zu experimentieren. Vielmehr wollen wir versuchen, das Bestmögliche an Freiheit in unseren Filmen zu erreichen. Die Gesellschaft wurde nicht mit dem Ziel gegründet, viel Geld zu verdienen. Wir haben unsere Gagen und vielleicht eine Gewinnbeteiligung. Sollten überschüssige Gewinne entstehen, verbleiben sie in der Firma, um nächste Filme und vielleicht auch mal ein Experiment zu ermöglichen. Und im übrigen handelt es sich dabei ja auch um unser eigenes Geld, denn entgangener Gewinn ist schließlich ebenfalls schon Verlust.
Experimente werden auch nicht darin bestehen, dass wir mit artistischen Einstellungen spielen – dazu sind wir zu erwachsen. Das Experiment wird vielmehr sein: neue Geschichten zu finden oder alte Geschichten tatsächlich neu zu erzählen. Staudte, Braun und ich werden im Rahmen der Freien Produktion jährlich je einen Film herstellen. Darüberhinaus sind wir völlig frei. Sicher werden wir die Filme jeweils gemeinsam vorbereiten. Wir werden den jeweiligen Stoff in Gesprächen filtern, und Sie werden mir zugeben, dass das bei so verschiedenen Regisseuren, wie wir es doch nun mal sind, sehr interessant und fruchtbar sein kann…
Es wird Sie vielleicht interessieren, dass die technische Ausrüstung in Hamburg den amerikanischen Studios in keiner Weise unterlegen und dass manche tontechnische Anlage sogar besser ist. Koppel hat eben die neueste Mitchell-Rückpro aus Amerika besorgt, die fast dreimal so groß wie die alte ist. Daraus ergeben sich fantastische Möglichkeiten…“

„Zunächst drehen Sie hier Schinderhannes?“

„Hurdalek hat das Buch gerade fertig, und im Juni fangen wir an. Wir drehen ihn natürlich nicht nur als Räuberstory, obwohl wir eine ganze Menge Western-Effekte hineinpacken werden. Wir versuchen eine Ausweitung zum Zeitbild. Fazit: ein glückhafter Zustand ist nicht durch extreme Aktionen zu erreichen, sondern nur durch die Ehe von Tradition und Fortschritt. Die Story beginnt, als die französische Revolution gerade zu Ende gegangen ist, als alle Werte wild durcheinander purzeln und die linksrheinische Seite von den neuen französischen Ideen durchsetzt ist. Rechts steht die Reaktion. Und mehr aus Abenteuerlust als aus politischer Überzeugung gründet der Bursche da im Hunsriick seinen Freistaat. Der floriert durch Räuberei und Totschlag. Aber seine Leute verbürgerlichen, und nun reiben sich Ordnung und Räuberei, und alles geht in die Brüche…“

„Und dann kommt Hamlet?“

„Seid nur bitte vorsichtig mit diesem Hamlet! Der Film heißt Der Rest ist Schweigen, ich erzähle den Konflikt eines modernen gebrochenen und gespaltenen Menschen, und da an diesem Menschen sich seit 500 Jahren nichts geändert hat, nehme ich eben die noch immer hochmoderne Figur des Hamlet. Aber da ist nichts von ‚Hamlet im Frack‘, keine Spielerei für Gebildete, nicht das Augenzwinkern für Belesene: seht mal, was wir cleveren Jungs da gebastelt haben… Der Rest ist Schweigen wird ein harter, kalter, moderner Film, und das Königreich Dänemark ist die internationale Schwerindustrie.
Warum darf ich eigentlich nicht geistreich sein? Andere dürfen. Sobald ich es versuche, heißt es sofort: der macht schon wieder Kabarett. Kabarett ist doch etwas ganz anderes, und mein einziger Film, in dem ich je Kabarett machte, war Der Apfel ist ab.
Natürlich mache ich den Hamlet-Stoff schwarz-weiß und vielleicht im Stile vom Dritten Mann. Als hieb- und stichfeste Familientragödie, ohne – Verzeihung – direkte Aussage, aber natürlich mit sozialer und politischer Kritik. Ich habe vor drei Jahren damit angefangen und habe das Rohdrehbuch jetzt fertig: Ein Schwerindustrieller schickt seinen Sohn zu Beginn der Nazizeit nach Amerika. Während des Krieges steigt der Vater zum großen Wirtschaftsführer auf. Nach der Familienaffäre und dem Tod des Vaters kommt der Junge als Alleinerbe zurück und findet unter dem Schein der untadeligen Familie den menschlichen Dreck. Am Versuch der Rache geht er zugrunde.
Ich verspreche Ihnen, dass Sie außer dem Konflikt kaum noch was von Shakespeare finden werden. Der vergiftete Degen wird zur Lüge – es gibt schließlich nicht nur körperlich Tote, sondern auch Erledigte. Und Hamlet kommt als Bohemien aus Greenwich Village und landet hier mit einem Stratoclipper blind im Schneesturm und fährt im schwarzen Mercedes… Statt in Rückblenden wird er die verhängnisvolle Entwicklung seines Vaters während der Nazizeit in Wochenschau-Ausschnitten erleben… Und vielleicht sieht der Junge in Düsseldorf ein Ballettgastspiel mit Blachers „Hamlet‘.
Um es kurz zu machen: alles ist passiert, wenn der Vorhang aufgeht. Nun wird nur noch abgewickelt. Das Schicksal steht schon im Zimmer. Nun werden nur noch langsam die einzelnen Türen aufgemacht. Vielleicht drehe ich in zwei Versionen, und für die Besetzung schwebt mir eine große internationale Überraschung vor.“

„Den ‚kleinen Pg.’ haben Sie also vorläufig zurückgestellt?“

„Weder Rühmann noch ich wollen jetzt ran. Ich verspüre in dieser Zeit der Umschichtung keine Lust, mich mit diesem innenpolitischen deutschen Problem auseinanderzusetzen, da ich nicht weiß, zu wem ich spreche und ob ich überhaupt noch oder schon wieder verstanden werde.“

„Haben Sie Pläne mit Marlene Dietrich?“

„Ja, ich habe einen. Marlene ist übrigens ein Pfundskerl, und ich habe mich schrecklich über die widerlichen Anwürfe hier geärgert. Marlene ist eine reizende und patente Großmutter, die noch sehr gut aussieht. Im übrigen haßt sie die Nazis. Und das ist mir außerordentlich sympathisch!“

„Sie wissen von dem Wirbel um Ihr Variety‘-Interview?“
[Gemeint ist ein Interview, das am 6.11. 1957 in der Zeitschrift Variety unter dem Titel „German more arty on lean Diet“ erschien – siehe https://archive.org/details/variety208-1957-11/page/n11/mode/2up

„Ich habe gehört davon und ich kann nur sagen, dass ich missverstanden und dass meine Erklärung verstümmelt wiedergegeben wurde. Ich habe die Geschichte des Films im Nachkriegsdeutschland erzählt und auch gesagt, dass wir gottlob über das Schlimmste hinweg sind, dass auch gute Filme hier sehr wohl besser gehen als schlechte. Das ist die Wahrheit. Und es gibt ja wohl nur eine Wahrheit.

In: Filmpress, Hamburg, Nr. 8, 20. Februar 1958

 

Die Sphinx – Zum Tod von Brigitte Helm

Brigitte Helm in L’Argent (1928) von Marcel L’Herbier

Sie hatte nicht den Glamour der Dietrich, nicht das Göttliche der Garbo und war dennoch eine der großen unsterblichen Ikonen des Kinos: sie war die Jungfrau und die hypersexualisierte Maschinen-Maria in Fritz Langs monströsem Metropolis, dem großen Klassiker des deutschen Stummfilms. Brigitte Helms Karriere beginnt wie ein Illustrierten-Roman. Die Mutter schickt dem Regisseur Fritz Lang 1924 ein Bild ihrer Tochter, der berühmte Regisseur macht mit ihr eine Probeaufnahme und die gänzlich Unbekannte bekommt die weibliche Hauptrolle in dem teuersten Film der deutschen Filmgeschichte. Metropolis ruinierte beinahe die Ufa und machte Brigitte Helm über Nacht berühmt. Die Ufa gab ihr einen Vertrag; zehn Jahre und 29 Filme lang spielte sie im deutschen, französischen und englischen Film. Genau so plötzlich wie sie im Film aufgetaucht war, verschwand sie wieder. 1935 zog sie sich vom Film zurück, spielte nicht auf der Bühne, trat nie im Fernsehen auf, lehnte alle Einladungen ab und gab nicht ein einziges Interview. Wer, um alles in der Welt, war Brigitte Helm, und was war passiert?

Am 17. März 1906 wird Brigitte Helm (ihr richtiger Name war Schittenhelm) in Berlin geboren. Schauspielerfahrungen sammelt sie bei Theateraufführungen ihrer Schule, aber an eine Schauspiel- Ausbildung denkt sie nicht. Nach dem Abitur will sie Astronomin werden, sie ist offensichtlich neugierig auf alles Moderne. Und dann spielt sie in Metropolis. Ihre Mimik und Gestik sind noch ganz vom Expressionismus geprägt; sie reißt als Jungfrau Maria die Augen auf, ringt die Hände vor der Brust und spitzt den Mund zum keuschen Kuss. Als Maschinen-Maria aber ist sie nur noch sexueller Körper und Objekt der Begierde, die personifizierte Sünde, Hexe der Lust und erotisches Wahnbild der Nacht. Die Ufa wollte sie auf die Rolle des männermordenden Vamp festlegen; zweimal , 1927 und 1930, musste sie Alraune spielen, jene sagenhafte Frau, die aus dem Samen eines Mörders und dem Schoß einer Dirne geboren wird und die Männer in den Tod treibt. 1929 schon hatte sie versucht, alle Vamp-Rollen abzulehnen; sie klagte gegen die Ufa und verlor. Der Prozess hatte sie ein Vermögen gekostet, jetzt spielte sie hauptsächlich, um ihre Schulden abzuzahlen.

 

 

 

Die Herrin von Atlantis (1932)

Neben zahlreichen belanglosen und abgrundschlechten Filmen gab ihr vor allem G.W. Pabst die Gelegenheit zu großen schauspielerischen Leistungen.. In Die Liebe der Jeanne Ney (1927) stellt sie eine hilflose Blinde dar, die von einem Schurken verführt wird;. in Abwege (1928) ist sie eine verwöhnte, mondäne Frau,, die aus lauter Langeweile fast ihr Leben zerstört. Brigitte Helm wird in den Filmen der frühen dreißiger Jahren zur Verkörperung der sachlichen, wohlhabenden und modernen Frau; mit ihrer schlanken, hohen Gestalt und dem herben, klassischen Profil scheint sie unnahbar; sie ist ein Leitbild für die modebewusste Frau, die niemals geht, sondern immer wie auf einem Laufsteg schreitet, und unter deren eiskaltem Äußeren leicht kriminelle Energien flackern.. In G.W.. Pabst Die Herrin von Atlantis (1932) ist sie eine undurchschaubare, statische Göttin, bei deren Anblick die Männer wahnsinnig werden. Ihre Macht ist untergründig, unbegreifbar, magisch. Dies war ihre letzte, wirklich große Rolle, eine sagenhafte, rätselhafte Sphinx des deutschen Films.

Einer Filmkritikerin erzählte sie auf dem Höhepunkt ihres Ruhms, ihre ganze Filmkarriere sei ihr egal, sie wäre viel lieber Hausfrau, würde kochen, Kinder großziehen und den Mann versorgen. Nach schlechten Pressekritiken und Verkehrsunfällen, für die sie zu einer kurzen Gefängnisstrafe verurteilt wurde,, zog sie sich ins Privatleben zurück. Sie heiratete den Industriellen Hugo Kuenheim und hatte aus dieser Ehe vier Söhne.
In den sechziger Jahren begannen die Filmhistoriker nach ihr zu forschen. Kevin Brownlow drang bis zu ihrem Haus in Ascona vor, doch sie ließ ihn nicht hinein. Die deutsche Journalistin Katja Aschke empfing sie Ende der achtziger Jahre nur unter der Bedingung, dass ausschließlich über Mode und den nach England emigrierten Modeschöpfer Werner Mahrenholz gesprochen wurde. Ihr Sohn erklärte einem Filmhistoriker auf seine Bitte, mit Brigitte Helm über ihre Filme zu sprechen, kategorisch: „Wenn ich das arrangiere, wird sie mich enterben.“ Mit dem Film war sie fertig, endgültig.
Brigitte Helm starb am 11. Juni 1996 in Ascona.

 

 

 

[Ankündigung]

Plakat Nr. 2 – Grösse VI (92 x 143 cm)
Entwurf: Kupfer-Sachs

Am 23. Dezember findet im Ufa-Palast am Zoo, dessen Vestibül zu einem Hotel umgestaltet wird, die Uraufführung des in einem Hotel spielenden Ufa-Films Der letzte Mann mit Emil Jannings in der Titelrolle, Regie F.W. Murnau statt. Der in Literatenkreisen des Berliner Westens bekannte, ehemalige Kellner eines kleinen Schauspieler-Restaurants in der Augsburger Straße, der in dem Film ebenfalls eine tragende Rolle spielt, wird in seiner Maske während der Vorführungszeit des Films in diesem Filmhotel „tätig’ sein.

BZ am Mittag, 13.12.1924, N. 342

Victor Hollaender: Noch einmal: Musik und Film (1920)

Victor Hollaender

Den sehr geschätzten Aufsatz des Herrn Hans Landsberg möchte ich mir gestatten, in einigen Punkten zu ergänzen resp. zu widerlegen.
Es ist nicht zu leugnen, dass eine Originalmusik zu neuen, künstlerischen Filmwerken eine weite Aussicht für schaffende Musiker bietet; ich kann mich ber nicht damit einverstanden erklären, dass die Musik jeden wichtigen Einschnitt, jede Bewegung illustrieren muss. – Der Verfasser, der ja die nächsten Filme der Ufa sinfonisch zu komponieren beabsichtigt, wird in der Praxis sein blaues Wunder erleben.
Ich habe dies bei der komposition der Musik des Sumurun– Films am eigenen Leibe verspürt und bin zu dem Schlusse gelangt, dass die Musik zunächst nur die allgemeine Stimmung des Films untermalen kann; sie kann Stimmungswechsel wiedergeben, darf sich aber keineswegs in details verlieren. Ich möchte nur auf ein paar Kleinigkeiten aufmerksam machen, die dem Komponisten verhängnisvoll werden können.
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Hans Landsberger: Verfilmte Musik oder musikalischer Film (1920)

Über die Beziehungen von Film und Musik ist so vieles in Fach- und Tagespresse in letzter Zeit geschrieben worden, dass es mir nunmehr an der Zeit zu sein scheint, diese Frage öffentlich einmal vom wissenschaftlichen und künstlerischen Standpunkt zu beleuchten. Berechtigterweise hat man – ich möchte sagen instinktiv – schon seit den Anfängen der Kinematographie dazu gegriffen, zu den Filmvorführungen eine Musik spielen zu lassen. Wenn nämlich die optische Wahrnehmungsfähigkeit des Beschauers vom rein Bildhaften des Photographischen dazu übergegangen ist, sich auf die Bewegung einzustellen, ist es nur natürlich, dass sich im menschlichen Gehirn die Assimilation mit dem akustischen Bewegungsmoment, das durch die Musik dargestellt wird, auf das leichteste und angenehmste vollzieht. Diese Zusammenwirkung wird um so enger sein, wenn besonders erregende Weiterlesen

Fernsehen über Filme 1952/1953

Die Wetterkarte wird gezeichnet

Vorbemerkung:
Die folgenden Daten wurden ausschließlich aus der „HörZu“ überrnommen. Es gibt immer wieder Unklarheiten in den Schreibweisen (Hollywood-Melody oder -Melodie) und der Festlegung der Haupttitel. Hier wurde nach den Angaben der „HörZu“ verfahren. Die Sendung vom 21. Januar 1953 ist möglicherweise ausgefallen und wurde am 11. Februar gesendet. Dank an Claudia Döhrer von der Bibliothek der Deutschen Kinemathek.
Keine der Sendungen habe ich gesehen oder kann mich an sie erinnern.

 

1952
Das klingende Filmmosaik. Sendedatum: 27.Dezember Weiterlesen

Wen immer es betrifft (1983)

Entwurf: Gottfried Helnwein

Vorbemerkung
Laut Vertrag mit der OKO-Film musste der fertige Film von Marlene Dietrich vor der ersten öffentlichen Vorführung genehmigt werden. Marlene Dietrich konnte die Vorführung des fertigen Films verhindern, sofern sie dagegen nachvollziehbare und vernünftige Gründe vorzubringen hatte.
Es gibt verschiedene Entwürfe dieser Erklärung, die Marlene Dietrich an ihren Anwalt schicken wollte, um die Vorführung zu verhindern. Der vorliegende Entwurf trägt den handschriftlichen Zusatz „Nicht Gut“. Streichungen wurden nach dem Original übernommen, grammatikalische bzw. Rechtschreibfehler wurden stillschweigend korrigiert.
Der Film wurde am 24. Februar 1984 bei den Internationalen Filmfestspielen Berlin uraufgeführt.

WEN IMMER ES BETRIFFT (ANGEHT)!
Die Unterzeichnete erklärt hiermit folgendes:

Bevor sie den Vertrag mit OKO-FILM G.m.b.H, München, vom 5. April 1981 unterschrieb, war sie sich vollkommen über die Bedeutung des Wortes (Begriffs) „DOKUMENTAR” bewusst, nachdem sie sämtliche Dokumentar-Filme von Francois Reichenbach, dem weltbekannten Großmeister dieser Gattung, studiert hatte.
In dem betreffenden Vertrag wurde vereinbart (ausgemacht/ festgelegt), dass es sich ausschließlich um die Tonaufnahmen ihres „Kommentares“ zu dem sichtbaren Produkt (Bildmaterial) zwecks Verwendung in dem Medium des Fernsehens (Television) handelt.

Obwohl das sogenannte (angeblich) beendete „Dokumentar“ sich bereits im April 1982 in den Händen der OKO-Film befand, erhielt die Unterzeichnete eine sehr fehlerhafte schwarz-weiß Kopie in Form einer Video-Kassette – mit Hilfe von Prof. Dr. Nordemann, Berlin – erst am 17.Okt. 1983.
Das oben erwähnte „Dokumentar“ ist eine Parodie der sogenannten Legende von (über) Marlene Dietrich. Es ist ein absichtlicher Versuch, sie zu verdrehen (entstellen/zerstören). Es ist eine Beleidigung nicht nur der Unterzeichneten, sondern auch vieler großer Künstler, die weltberühmte Filme produzierten, um so das Bild, das ihnen vorschwebte, zu schaffen und für ewig auf Zelluloid festzuhalten.
Diese Parodie ist nicht unbedingt die Arbeit von Amateuren. Es hat eher den Anschein, dass dahinter die Absicht steckt, Marlene Dietrich als eine einfältige und törichte Person hinzustellen. Die Stimme in dem Dokumentar als „voice over“ (narration/Kommentar) benutzt, ist unnatürlich schrill, fast kreischend. Diese Wirkung ist leicht zu erreichen, indem man die „Höhen“ soweit wie möglich nach oben schraubt und die „Tiefen“ ganz nach unten.
Das kann von einem Tonmeister leicht erreicht werden. Das Ergebnis ist ein ungenaues (unrichtiges), schädigendes Portrait von Marlene Dietrich.
Die Absicht, den Schleier von dem berühmten Gesicht der Schauspielerin zu entfernen (zerreißen), und sie so in einem vulgären (gewöhnlichen) Licht zu zeigen, wird auch klar erkennbar durch die Wahl der Filmausschnitte, die in diesem Bildmaterial (dieser Dokumentation) gezeigt werden. Diese Auswahl konzentriert sich auf alle Szenen (Rollen), die die Schauspielerin in verschiedenen Filmen spielte, die sie berühmt gemacht haben. Doch diese „ausgewählten“ Szenen zeigen sie schreiend, kreischend und sich vulgär benehmend. Nachdem diese Szenen aus der Handlung der betreffenden Filme herausgeschnitten wurden – also die verschiedenen Charakter, die die Schauspielerin darin zu spielen hatte, fehlen, ist der Allgemeineindruck endgültig dazu bestimmt, das Bild einer Frau darzustellen, nicht notwendigerweise einer Schauspielerin, als eine verkommenen anstatt einer würdigen Persönlichkeit.
Unfähig, den Ruf der Schauspielerin MARLENE DIETRICH zu zerstören, hat die Person, die dies fragliche „Documentary“ produzierte, sich als Ziel gesetzt, die Vorstellung, die sich das Publikum von der Frau Marlene Dietrich macht, zu vernichten.
Hinsichtlich all der oben genannten Gründe, weigert sich die Unterzeichnete, ihre Erlaubnis für die Veröffentlichung (Vorführung) des gesamten Dokumentarfilms, wie er ihr im Oktober 1983 gezeigt wurde, zu geben.

Der Letzte Mann. Eine Unterredung mit dem Autor des Films.

Plakat Nr. 3 – Grösse VII (142 x 284 cm)
Entwurf: Schwormstädt München

In der letzten Nummer des M. M. [ Der Montag Morgen – Berliner Wochenblatt] stand eine seltsame Nachricht: Einem deutschen Film ist es gelungen, die Amerikaner, die selbstbewusste und genügsame Filmnation, in Begeisterung zu versetzen, ihre Kritiker zur höchsten Anerkennung zu bewegen. Diese Nachricht wäre nicht so unglaubwürdig. Aber … man rieb sich die Augen, als man las: „Der Film spielt im Herrentoilettenraum eines Hotels.“ War das ein redaktioneller Ulk? Eine Satire auf den Film? Ein verfrühter Faschingsscherz? Aber dann las man Namen. Carl Mayer der Autor (der Mann des Caligari, der Hintertreppe, der Scherben, des Sylvesters), Direktor Pommer, Regisseur Murnau, Jannings. Kein Zweifel, wir standen vor der sonderbarsten, um nicht zu sagen, tollsten Tatsache in der Geschichte des Films.
Woher nahmen der Autor und die Filmgesellschaft den Mut, gerade diesen Film in Amerika erst aufzuführen, woher den Glauben, gerade mit diesem Film das widerstrebende Amerika zu erobern?
Ich nahm alle diese Fragen zusammen und begab mich damit zu Carl Mayer. Und als ich diesem kühnen Mann gegenübersaß, holte ich sie eine nach der andern hervor.
„Wie und wo in aller Welt“, fing ich also an, „wurden Sie bewogen, gerade den Toilettenraum ….?“
„Im Toilettenraum eines großen Berliner Hotels. Sehen Sie, gerade, weil man von diesem Raum nicht gerne und nur mit einem gewissen Unterton des Witzes spricht, tauchte vor mir die große Tragik des alten Mannes auf, den ich darin als Wärter fand. Eines alten Mannes, der einst die prächtigen Tressen des Hotelportiers wie ein König trug und den dann das Alter zum „letzten Mann“ des Hotels gemacht hatte. Dieser Raum erschien mir auf einmal als ein furchtbarer Hintergrund für ein Stück, das die Tragödie des alten Menschen, des Alters heißen könnte.“

„Es war ein kühner naturalistischer Griff.“
„Naturalistisch? Ja, und doch noch etwas mehr. Es ist doch nicht allein ein Einzelschicksal, das hier naturalistisch gestaltet ist. Es schwingt in Bild und Handlung doch auch jene gewisse mystische Atmosphäre mit, die fassbar-unfassbar über allem Leben lagert und im reinen Naturalismus verloren geht. Ich sagte Ihnen schon, dass es nicht die Geschichte eines alten Mannes, sondern die Geschichte, die Tragödie des alten Mannes ist. Wenn der alte abgesetzte Portier das erste Mal durch den engen Gang zu seinem neuen Lebensbezirke geht, wenn er seine alte Livree stiehlt, um zu Hause noch immer den ‚König’ spielen zu können, wenn dann alles endgültig zusammenbricht, liegt in allen diesen Bildern ein unnaturalistisches Grauen der Seele.“
„Wie ich gelesen habe, haben Sie das Moderne des Films durch technische Neuerungen noch gesteigert.“
„Ich müsste Ihnen nun eigentlich eine lange Vorlesung über ‚die Phantasie des Filmschriftstellers’ halten. Der Filmschriftsteller muss ein wahrer Magister artium sein, oder noch besser, er muss alle Künste beherrschen. Er braucht die Phantasie des Dramatikers, des Regisseurs, des Malers, des Architekten, des Photographen, des Technikers, des Musikers, des Menschendarstellers. Ein Filmmanuskript ist eine Partitur, in der alle diese Künste die einzelnen Stimmen bedeuten. Die tragende Stimme, der Grundbass gleichsam, ist das Technische. Gerade in dem von mir gewählten Milieu konnte das Menschliche der Stimmung nur dadurch herausgeholt werden, dass sich der Zuschauer ganz in die Person, fast hätte ich gesagt, ins Auge des alten Mannes versetzen kann. Das war ein Problem, das noch nicht gelöst war; denn in den Filmen sehen wir die Umgebung der handelnden Personen so, wie sie dem Beschauer und nicht, wie sie den Personen selbst erscheint. Wir sehen die Personen von Weitem über eine von Weitem gesehene Szene schreiten. Im vorliegenden Film z. B. musste das Qualvolle des Ortes mit den Augen des alten Mannes gesehen werden. Die beste Lösung dieses Problems wäre, wenn der Alte selber den Kurbelkasten trüge. Das ging nun nicht. Ich fand einen Weg darin, dass ich den Operateur nicht wie bis jetzt an einem fixen Orte aufstellte, sondern dicht hinter dem Alten einhergehen ließ. Er musste zu diesem Zwecke den Apparat um den Leib schnallen. So sieht der Zuschauer aus Aug’ und Seele des Alten. Es sind eigenartige Bilder. Wie durchgearbeitet die ‚Partitur’ ist, mögen Sie aus der Tatsache entnehmen, dass ich sieben Monate daran gearbeitet habe.“
„Und wie haben Sie die Liebesgeschichte in die Handlung verwebt?“
„Liebesgeschichte? Es gibt keine Liebesgeschichte.“
„Du lieber Himmel! Ein Film ohne Liebesgeschichte! Sie erscheinen mir immer kühner.“
„Es gibt keine Liebesgeschichte. Ich sage es noch einmal: Es ist die Tragödie des Alters. Ein klares Stück Leben und klares Stück Mensch. Es gibt auch keine Titel.“
Carl Mayer spricht noch in Worten dankbarer Anerkennung von der Hingabe aller (ob „prominent“ oder „nicht prominent“) an der Herstellung des Films Beteiligten, die durch Dick und Dünn der gestellten Aufgabe gingen, und erwähnt hierbei vor allem den Namen Erich Pommer.
„Sie wissen wohl, dass der Direktor einer Filmgesellschaft kein Experimentator ist. Es steht zu viel auf dem Spiele. Aber mit der Kühnheit der Überzeugung nahm sich Direktor Erich Pommer des Stückes an. Er schenkte ihm jenes volle Direktoreninteresse, das der letzte entscheidende Faktor für ein Stück ist, das gut werden soll. Es war mehr als Interesse, es war Hingabe. Im Regisseur F.W. Murnau fand das Manuskript einen der ahnungsvollsten Künstler des Films. Jannings schenkte ihm seine große Schauspielkunst und die Hingabefähigkeit eines Kindes. Da war Karl Freund, ein Operateur, dessen Können sich an allem, was neu und fortschreitend ist, zu höchsten Leistungen entzündet. Allen diesen Trefflichen habe ich für den amerikanischen Erfolg dankbar zu sein.“

[Willy Haas: Was wird gearbeitet? – Ein Besuch im Ufa-Gelände Neubabelsberg]

Plakat Nr. 1 – Grösse VI (92 x 142 cm).
Entwurf: Thweo Meteijko

Vorbemerkung:
Der Beitrag von Willy Haas erschien ohne Autoren- und Titelangabe in der Publikation der Ufa „Der letzte Mann. Reklameratschläge für den Theaterbesitzer.“ Er ist der gekürzte Nachdruck eines Artikels von Willy Haas aus dem Film-Kurier vom 19. Juli 1924, Nr. 169. Gestrichen wurden die anschliessenden Absätze eines Gespräches mit Walter Röhrig und die Beobachtungen zu den Dreharbeiten von Zur Chronik von Grieshuus, Mein Leopold und Decameron Nights. Der ungekürzte Text von Haas ist abgedruckt in „Willy Haas: Der Kritiker als Mitproduzent. Texte zum Film 1920 – 1933.“ Herausgegeben von Wolfgang Jacobsen, Karl Prümm und Benno Wenz. Edition Hentrich, Berlin 1991.

Wenn man die Barriere des Babelsberger Ufa-Geländes überschritten hat – was übrigens gar kein so leichtes Kunststück ist, denn die Portiers im Pförtnergebäude sind von unnachsichtiger Strenge und schicken filmbegeisterte junge Damen und Herren ohne Rücksicht auf ,,Empfehlungen“ und ,,Engagementsversprechen” von seiten eines „Herrn Regisseurs” scharenweise weg, bevor sie das Paradies überhaupt betreten haben – wenn man aber schließlich doch drin ist – dann ist man allerdings, wenn man nur etwas Begeisterung für den Film übrig hat, in einem Paradies …
Hier wird gearbeitet – und wie!! Man atmet erleichtert auf. Flaute? Stagnation? Hier ist nichts davon zu merken. Man ist weit entfernt von der skeptischen Atmosphäre des „Filmviertels”. Hier ist nicht nur die Luft herrlich frisch, rein, klar, der Boden dampfend und funkelnd in hellem Grün der Wiesen, im samtigen Dunkelgrün der Nadelwälder – hier funkeln und dampfen auch die Menschen von Schaffenslust, von produktiver Lebensfreude. Hier wird gearbeitet!!

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[Der Bahnhof aus dem „Letzten Mann“]

Die stattlichen technischen Schwierigkeiten dieses Films sind, — oder vielmehr sie waren, dass Murnau das ganze Hotel, die es umgebenden Wolkenkratzer, die breite, von Hunderten von Automobilen belebte Straße, eine Eisenbahnstation — alles, alles auf dem Neubabelsberger Gelände ausführen ließ. Der Film bietet Weltstadtbilder von unerhörter Größe, er bietet Fassaden von sky-scrapers, die buchstäblich den Himmel zu tragen scheinen, er bietet einen Straßenverkehr, wie ihn die Wirklichkeit nicht kompakter und drängender zuwege bringt . . .
Und alles Bau- und Menschenmaterial musste aus Berlin hinausgeschafft werden, vorbei an dem Pförtner, der — genau wie im Film-Hotel — auch auf dem ,,Decla“-Gelände der erste Mann ist, wenn man das Filmland betreten will.

Bahnhof, Gleise. Unter dem Gerüst links sieht man noch die Burg aus „Zur Chronik von Grieshuus“. Foto: Cinematheque Francaise

Selbst das Hinterhausmilieu formte Murnau in einer trostlosen Typisierung der Wirklichkeit nach, und der Bahnhof mit seiner gewaltigen Eisenbahn wurde bis zum letzten Bautag so geheim gehalten, dass er eigentlich nur einen einzigen Tag stand. Frühmorgens um sieben Uhr wurde die Station in Bau und Stuck fertig, um acht Uhr war das rollende Material zur Stelle, um vier Uhr waren die Aufnahmen beendet, und um halb fünf Uhr fuhr die Axt hinein in das hölzerne Gefüge der Versteifungen und Wandungen, um alles zu beseitigen, was neugierigen Augen einen Anhalt zu eingehenderen Vermutungen hätte geben können. Nicht nur das Aufnahmegelände erwies sich als hermetisch verschlossen, Murnau sicherte sich persönlich noch weitergehend, indem er kein Stückchen Sperrholz auf dem andern ließ . . .

Gegenschuss zu Foto 368 mit Perron und Modellbahn

Und so wie er — so machen’s viele, machen ’s die meisten. Sie alle, unsere besten Regisseure, sind Geheimniskrämer, und sie tun gut daran, es zu sein, weil sie unsere Überraschung eine vollkommene sein lassen wollen. Als einmal ein Regisseur eine besonders gute Gefängnisszene gedreht hatte, in einer Dekoration, die so düster, so trostlos, so echt wirkte, wie ich sie nie bis dahin im Film gesehen hatte, fragte ich ihn, wo er dieses Bild aufgenommen hätte. Er sah mich boshaft lächelnd an: „Ich will’s lieber für mich behalten … Es ist möglich; daß ich die Stelle noch einmal verwenden werde. War sie gut?“ „Unübertrefflich war sie!“ erwiderte ich begeistert. „Nun — sehen Sie,“ meinte er befriedigt, „so etwas muss man sich sichern!“

Focus: Zwischen den Aufnahmen. Atelier- und Geländeplauderei.
In: Filmland, Berlin, Nr. 1, November 1924

Friedrich Porges: Der Film im Film (1924)

Jede Erfindung hat ihre Geschichte. Von den ersten tastenden Versuchen bis zur Vollendung führt oft ein langer Weg, von Erkenntniszufällen vielleicht und bis zur praktischen Umsetzung einer Idee vergehen Jahre, Jahrzehnte. Vielfach ist der Erfahrungssatz längst gefunden, der den Unterbau der Erfindung bedeutet. Aber es bedarf der ausdauernden Arbeit noch vieler Gehirne, um die Theorie in die Praxis umzusetzen. Es ist im Grunde schwierig, das Alter einer Erfindung zu bestimmen, wenn man nicht von jenem Tag oder Jahr an rechnen will, in dem bereits die erfolgreiche Erprobung stattgefunden hat. Die Geschichte technischer Errungenschaften ist gewissermaßen Entwicklungsgeschichte. Und darum wäre es unrichtig, nur Daten des Effekts zu geben, ohne das Werden zu berücksichtigen.
Die Geschichte der Kinematographie ist noch ungeschrieben. Sie ist es vielleicht deshalb, weil man allzusehr an die Jugend dieser Erfindung glaubt, und weil selbst Leute, die sich seit jeher für sie interessierten, ihren Anbeginn frühestens in das letzte Jahrzehnt des vorigen Jahrhunderts gesetzt denken. Diese Meinung ist natürlich insofern richtig, als jene endgültige Form des „lebenden Bildes“, wie wir sie heute in unseren Kinotheatern sehen, bereits in den neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts, wenn auch photographisch primitiv, auf Gips- oder Linnenwänden in Jahrmarktbuden , ja auch schon in kleinen „Biograph“-Theatern gezeigt wurde. Dieses „lebende Bild“ aber war bereits der Effekt theoretischer Erkenntnisse und praktischer Versuche, die weit über ein Jahrhundert zurückreichen, ja, deren „Ahnung“ sogar in den Zeiten des Ptolomäus schon vorhanden war. Man könnte also den Ursprung der Erfindung der Kinematographie eigentlich in das Altertum verlegen, wäre nicht nach jener ptolomäischen Periode, die das Prinzip der Verlebendigung durch Bewegung erkannte, eine jahrhundertelange Zeit eingetreten, in der man an eine Beschäftigung mit jener Theorie nicht im entferntesten dachte.
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Der Beitrag für die Frauenseite: … wird jeder frei für eine andere Liebe …

Moselfahrt mit Liebeskummer. Will Quadflieg mit Elisabeth Müller

Frauen wie du sind noch zu jung, um allein zu sein! – das ist der landläufige handfeste Zuspruch, den wohlwollende Freunde einer jungen Witwe nach angemessener Karenzzeit zuteil werden lassen. In den primitiveren Fällen ist die so Angesprochene innerlich dankbar, daß man ihrem eigenen Empfinden entgegenkommt und Ausdruck verleiht. Natürlich gibt sie das nicht gleich zu, aber bald zeigt es sich, daß das beiläufige Gespräch wie der Abschluss einer Gedankenreihe gewirkt hat, die sich nun, sozusagen von dritter Seite autorisiert, in Aktion umsetzen kann. Bei einer differenzierteren Frau aber kann man gar nichts Ungeschickteres tun, als jenen moralischen Rippenstoß, in wie zarter Form auch immer, anzuwenden. Er wird sie in die extremste Opposition treiben und noch mehr als bisher in sie selbst zurückscheuchen. Schon der übliche banale Trost, daß die Zeit den Schmerz lindern werde, ist hier denkbar unangebracht. Menschen, die sehr tief und sehr glücklich geliebt haben, lieben dann auch ihren Schmerz um den Toten. Und in den ersten Jahren verringert sich dieser Schmerz daher keineswegs, sondern wächst und wächst mit der immer unerbittlicher klar werdenden Erkenntnis, dass jenes Glück endgültig vorbei ist.

Mit einem großen inneren Erstaunen sehen sie dann sozusagen sich selber zu, wie sie allmählich doch aufhören, nur zurückzudenken und immer wieder die alten Wege einstiger Zweisamkeit zu gehen, wie das gegenwärtige Leben sie mehr und mehr in seine Kreise zieht, wie sie wieder Aufgaben für sich sehen, Interessen, Freuden, Freunde und schließlich vielleicht sogar den einen Mann, der ihnen wert erscheint, das Leben mit ihnen zu teilen. „Früher oder später wird jeder frei für eine neue Liebe“ – nur der, der sie liebt, darf einer solchen Frau das mit aller Behutsamkeit sagen, und vielleicht, wie in dem Film ,,Moselfahrt aus Liebeskummer“ auch nur einer, der selbst gerade eine ähnliche Wandlung an sich erfuhr und daher als Mitfühlender, nicht als außenstehender Ratgeber austritt.

Moselfahrt mit Liebeskummer. Will Quadflieg und Renate Mannhardt

Die anderen Frauen, wie diese Dorette, sind unkomplizierter, aber auch sie haben ihren Kummer. Im Grunde wünschen sie sich nämlich nichts sehnlicher, als auch einmal so geliebt zu werden und zu lieben wie Angela: ernst und ausschließlich und für ewig. Aber es gelingt ihnen nie. Vielleicht müssen sie so oft lieben, weil sie nicht imstande sind, einen Menschen ganz zu gewinnen- oder vielleicht geben sie sich nie ganz hin, weil sie Angst haben, zuviel dabei zu verlieren. Sind sie leichtfertig? Haben sie keinen Instinkt für den Wert oder Unwert der Menschen? Was es auch sei: trotz allem Umworbensein stehen sie letztlich doch nur am Rande des Daseins, wie diese Dorette. „Ich brauche dich doch!“ sagen sie in egoistischem Trotz, wenn der andere sie lächelnd verlässt. Und es ist schon viel, wenn sie wenigstens einen Teil ihrer Schuld einsehen. ,,Ach, man sagt vieles, solange man sicher ist“ – das ist ein bitteres Wort der Selbsterkenntnis, das nicht nur über dem Ende von Flirts und Freundschaften, sondern auch über mancher Ehekrise stehen könnte. Man sagt wirklich viel Tòrichtes, Böses, Absurdes – oft nur, um zu erproben, wie weit man gehen kann, wie groß die Macht ist, die man über den anderen hat. Aber oft haben Worte eine fatale Magie oder ist es nur so, dass man irgend einmal mit seinen mutwilligen Reden die Grenze überschritten hat, die unbedingt einzuhalten gewesen wärel Kurz, eines Tages wird man unverhofft, wie Dorette, tatsächlich beim Wort genommen. Man war zu sicher gewesen, und das ist nicht nur in großen Kriegen leichtsinnig und dumm. Nun gilt es nur noch, sich mit Anstand und Haltung zurückzuziehen oder besiegt, aber aufrecht das Feld zu räumen.

G. A. in Werbeheft der Columbia

E.A. Dupont: Filmkritik und Filmreklame II (1919)

Der Filmpresseverband hat zu meinem im Film-Kurier vom 24. August veröffentlichten Artikel „Film-Kritik und Film-Reklame“ in einer Erklärung Stellung genommen, die in der letzten Nummer dieses Blattes wiedergegeben worden ist. Der Inhalt dieser Erklärung muss bei all denen, die nicht zu den Mitgliedern des Filmpresseverbandes gehören, einiges Kopfschütteln erregen. Ich habe in meinen seinerzeitigen Ausführungen eine Reihe von Missständen auf dem Gebiete der Film-Kritik und der Film-Reklame in ausführlichen Einzelheiten, jedoch ohne Namensnennung erörtert. Um festzustellen, welche Fälle im Besonderen gemeint waren, brauchte man wahrhaftig kein Spezialist im Rätselraten zu sein. Die Filmindustrie, die sich in Weiterlesen

Marlene und die Winterhilfe (1933/34)

Die „Winterhilfe“ war ursprünglich eine Sammelaktion der „Deutschen Liga der freien Wohlfahrtspflege“ und fand erstmals im Winter 1931/32 statt. 1933 wurde die „Winterhilfe“ der NS-Volkswohlfahrt unterstellt; Adolf Hitler eröffnete im September 1933 die „Winterhilfsaktion gegen Hunger und Kälte“. Deutsche Schauspieler im In- und Ausland waren aufgefordert, sich zu beteiligen.
Die Filmzeitschrift „Lichtbild-Bühne“ meldete am 15. März 1934:
Marlene Dietrich hat dem Wohlfahrtsfonds der Reichsfachschaft Film zu Händen des Präsidenten Carl Auen eine namhafte Summe aus Hollywood überwiesen mit der Bestimmung, dass der Betrag ihren bedürftigen Schauspieler-Kollegen zugute kommt.
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Roland Schacht: Filmproduktion und Filmkritik (1923)

Nachdem die Industrie eine Zeitlang nach einer Kritik, die sie ernst nahm, sehnsüchtig ausgeschaut hatte, steht sie heute vielfach, eingestandenermaßen oder nicht, einer allzu ernsthaften Kritik mit einem gewissen unbehaglichen Misstrauen gegenüber. Die Filmproduktion, so heißt es, ist ein Geschäft, das sich im Wesentlichen an Geschäftsleute, Verleiher und Theaterbesitzer wende, die ihr Publikum besser kennen als der Kritiker, der ja mehr als Publikum sein solle. Die Kritik könne also in die glatte Abwicklung dieses geschäftlichen Prozesses nur hemmend und störend eingreifen. Die Verleiher aber und Theaterbesitzer sind zwar gnädig genug, sich günstige Kritiken gefallen zu lassen, aus Verdruss über ungünstige aber, die einfach als geschäftsstörend empfunden werden, vielfach geneigt, Weiterlesen

Veit Harlan Provokation in Hamburg 1948 – Drei Briefe

Am dritten Verhandlungstag gegen Veit Harlan im März 1949 wurden im Esplanade in Hamburg die Filme Jud Süß und Der ewige Jude vorgeführt; links neben Harlan sein Verteidiger Dr. Otto Zippel

Veit Harlan wurde im Dezember 1947 vom Zentralausschuß für die Ausschaltung von Nationalsozialisten in die Gruppe V der Entlasteten eingestuft. Im April 1948 wollte Harlan mit seiner Frau Kristina Söderbaum an der Zonalen Erstaufführung des DEFA-Films Ehe im Schatten (1947; Regie: Kurt Maetzig) im Hamburger Waterloo-Theater teilnehmen. Beide wurden noch vor Beginn des Films aufgefordert, das Theater zu verlassen.
Die folgenden Briefe wurden veröffentlicht in: film-echo, Hamburg, Nr. 5, Mai 1948

Veit Harlan an H.B. Heisig, Waterloo Theater, Hamburg.
19.4.48

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Gero Gandert (13.6.1929-29.8.2019)

„Wenn man etwas erreichen will, dann hilft nur hämmernde Penetranz.“ Das, so Gero Gandert, sei das wichtigste, vielleicht sogar das einzige gewesen, was er von dem Publizistikprofessor Emil Dovifat gelernt habe. Dovifats Überzeugung hatte Gandert buchstäblich zum Motto seines Berufslebens gemacht. Sein Beruf, ja seine Berufung waren Film und Filmgeschichte.
Seit Anfang der 1950er-Jahre arbeitete Gandert als Filmjournalist. 1958 wurde er für seine Berichte über die Filme des Ostblocks denunziert und in der DDR zu Zuchthaus verurteilt. Der Fall machte Schlagzeilen; viele Kritikerkollegen setzten sich für ihn ein. Der Tag Weiterlesen

Liebeneiner sprach in Hamburg (1949)

Der Film Liebe 47 war aus irgendwelchen Gründen bisher in Hamburg noch nicht aufgeführt worden. Er sollte die Grundlage für eine Fortführung der Aussprache über die gemeinsamen Aufgaben von Kirche und Film bilden. Dank dem Entgegenkommen der Panorama-Film Ges. war es möglich geworden, den Liebeneiner-Film dem Arbeitskreis in einer Sondervorführung zu zeigen. Etwa 90 geladene Gäste, unter denen sich die greisen Eltern Borcharts befanden, folgten den aufrüttelnden Bildern mit einer Erschütterung, die deshalb besonders bemerkenswert war, weil es sich zum größten Teil um altversierte Fachleute aus dem Gebiet des Films handelte. Außer den Vertretern der Kirche, unter ihnen Oberkirchenrat D. Knolle, und Weiterlesen

Wolfgang Liebeneiner: Locarno, Goebbels und die Wellensittiche (1949)

Wolfgang Liebeneiner, Karl John und Hilde Krahl stellten 1949 bei den Filmfestspielen in Locarno ihren Film „Liebe 47“ vor. Hilde Krahl erhielt den Preis des Festivals für die beste schauspielerische Leistung.

Kleiner Bericht von einer Reise nach Filmeuropa.
Man soll ruhig zu den Dingen ein paar Wochen Abstand gewinnen, ehe man darüber schreibt. Es waren herrliche Tage in Locarno, beglückend, erregend, voll interessanter Begegnungen und Debatten.
Aber wir fuhren ja nicht hin, um uns bestätigen zu lassen, sondern um uns einer Kritik auszusetzen, die andere Maße kennt als die gewohnten heimatlichen Gesichtspunkte. Das Weiterlesen

Täglich: Der Film-Kurier

Eine erste Form dieses Beitrags erschien in „Film und Fernsehen in Forschung und Lehre“, Nummer 6 (1983). Eine erweiterte Fassung erschien in dem von Wolfgang Jacobsen und Uta Berg-Ganschow 1987 herausgegebenen Buch „Film…Stadt…Kino…Berlin“. Der folgende Text entspricht mit wenigen Abweichungen dieser zweiten Fassung.

1919. Berlin ist die Filmmetropole Deutschlands. Es ist das Jahr des Caligari, das Jahr von Lubitsch und Lang. Die Spinnen, Die Puppe, Die Austernprinzessin entstehen, aber das sind Ausnahmefilme. Das tägliche Brot sind Filme, deren Sujet vom Abgrund der Seelen (1920; R: Urban Gad) bis zum Schrei des Gewissens (1919; R: Eugen Illés) reicht. Verleiher und Theaterbesitzer schätzen den guten Umsatz und genieren sich gleichzeitig ein wenig in ihrer Rolle als Marktschreier der Unmoral.
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E.A. Dupont: Filmkritik und Filmreklame I (1919)

Ich bin mir vollkommen bewusst, dass diese Zeilen die beträchtliche Reihe meiner Feinde um eine erhebliche Anzahl vermehren werden. Dennoch: die Zustände, mit denen ich mich beschäftigen will, sind derart ungeheuerliche, dass eine öffentliche Erörterung unbedingt geboten erscheint. Es handelt sich um Form und Art der heutigen Filmkritik, um das unendlich schädliche Wirken der Filmfachpresse, um die geistige Demoralisierung überhaupt, die heutzutage in den Reklamen, Druckschriften, Artikeln, Broschüren und Büchern zu Tage tritt, die sich in übergroßer Anzahl mit dem Wirken und den Lebensäußerungen der deutschen Filmindustrie beschäftigen. Die Augiasställe literarischer und journalistischer Korruption Weiterlesen

Heute heiratet mein Mann (1956; Regie: Kurt Hoffmann)

Briefwechsel zwischen der Filmbewertungsstelle und Kurt Hoffmann

 

Wiesbaden-Biebrich, Schloss
22.Aug. 1956

An Georg Witt-Film GmbH. München-Geiselgasteig Bavaria-Filmplatz 7

Auf Grund der “Verwaltungsvereinbarung über die Errichtung einer Filmbewertungsstelle in Wiesbaden“ ist der Film: “HEUTE HEIRATET MEIN MANN”
Prüf.-Nr. 3044
Länge: 2.589 m in Original-Fassung. Sprache: deutsch. Hersteller: Georg Witt-Film GmbH., München; Verleiher: Constantin-Filmverleih GmbH. Ffm.
gemäß Ihrem Antrag vom 13. August 1956 geprüft worden. Ich bedaure, Ihnen mitteilen zu müssen, dass der Film kein Prädikat erhalten konnte. Weiterlesen

Richtlinien für Filmkritik – Die Reinigungsarbeit der Presse-Organisation (1923)

Die Spitzenorganisation der deutschen Journalisten, der Reichsverband der deutschen Presse, hat sich jetzt mit der Tätigkeit der Filmkritiker beschäftigt und zunächst für Berlin, bald auch für das ganze Reich, eine Anzahl von Richtlinien zusammenstellen lassen. Diese Maßnahmen haben sich als notwendig erwiesen, weil die Beschäftigungsart gewisser Filmjournalisten den Verdacht aufkommen ließen, dass man sich weder in den Kreisen der Kinorezensenten noch in den Reihen der Filmindustriellen ganz einig über die Grenzen der Leinwandkritik war. Die Weiterlesen

Anonym: Marlene – gestern und heute (1932)

Wenn man vor genau zehn Jahren das E.F.A-Atelier am Zoo betrat und sich durch die Dekorationen des Frei­geländes, die für Ernst Lubitschs Flamme (1922) aufgebaut worden waren, in die Riesenhalle gedrängt hatte, konnte es geschehen, das Georg Jacobys Stimme mit Hilfe des Mega­phons den in alle Winkel dringenden Ruf ausstieß: „Die Hof­damen, bitte!!“ Und dann erhoben sich von allen Sitzgelegen­heiten in Empirekostümen steckende Mädchen, die

Die technischen Mitarbeiter von Napoleons kleiner Bruder im E.F.A.-Atelier.
2. Reihe von unten, Mitte: Architekt Martin Jacoby-Boy, links neben ihm Regisseur Georg Jacoby, rechts neben ihm Kameramann Karl Schneider.

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Fritz Maurischat: Lubitsch und Jakoby

Meine Filmlaufbahn [nahm] am 1. Juni 1922 in den ehemals Ausstellungszwecken dienenden Hallen in der Hardenbergstraße am Stadtbahnhof Zoo ihren Anfang. Eine ideale Lage. Da es in Stummfilmzeiten wegen des Straßenlärms oder anderer Geräusche noch keine Sorgen gab, waren aus den brachliegenden Gebäudeteilen zwei Aufnahmeateliers mit den dazu notwendigen Werkstätten und Nebenräumen entstanden. Ein gutes Geschäft für den Inhaber Dir. Markiewicz und noch rentabler, als die Europäische Film-Allianz mit ihrem Dollarsegen den Komplex pachtete und in Betrieb nahm. […]

Ernst Lubitsch (Mitte sitzend) und der Stab im E.F.A. Atelier bei den Aufnahmen zu Das Weib des Pharao

Trotzdem begriffen wir noch immer nicht ganz, was uns bevorstand, als Ernst Lubitsch von der E.F.A. mit 350 Millionen Reichsmark abgefunden worden war und sich am 3.12.1922 nach Amerika einschiffte. Dreihundertfünfzig Millionen. Eine unglaubliche Summe. Nur für Mr. Zukor, Präsident der Famous Players-Lasky Corporation und Generaldirektor der E.F.A. war dies nichts, weil man in Deutschland zu diesem Zeitpunkt für einen Dollar bereits siebentausendsechshundert Reichsmark hinblättern musste.
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Georg Jacoby: Napoleons kleiner Bruder

Die E.F.A. [Europäische Film-Allianz] hatte mir zu diesem Film einen Kameramann aus Amerika geschickt. Die Amerikaner waren bereits während des Krieges dazu übergegangen, die Schauspieler nicht so zu beleuchten wie es in Deutschland bis dahin üblich war, nämlich 2/3 Licht und 1/3 Schatten, sondern sie stellten ihre Schauspieler gegen die Sonne. Sie benutzten die Sonne sozusagen als Rückenlicht, und so gelang es ihnen, die Aufnahmen viel plastischer zu gestalten. Das Vorderlicht erzeugten sie mit Hilfe von Gold- und Silberblenden. Durch diese konnte man die Stärke des Lichtes regulieren und mit Hilfe von Schleiern, die über die Blenden gelegt wurden, sehr differenziert beeinflussen.

Gruppenfoto „Napoleons kleiner Bruder“ in Kassel. Der Kameramann Meyers sollte Snyder (Schneider) heißen. Foto: Mit freundlicher Genehmigung von Roberto Lindemann

 

M

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Großstadtbetrieb in Neubabelsberg

Ein wundervoller Abend. Noch strahlt der Himmel in tiefem Blau, im Abglanz der Herrlichkeit, mit der ihn noch vor einer Weile die Sonne überflutet hat. Vor seinen Bauten auf dem Ufa-Filmgelände in Neubabelsberg steht F. W. Murnau, der Regisseur des neuen Union-Ufa-Films Der letzte Mann und schaut gen Himmel. Will denn das gar nicht dunkel werden? Inzwischen wird es in Neubabelsberg lebendig. Die Komparserie trifft ein, zieht sich um, schminkt sich an und erscheint mit dem üblichen Gelärme und Getue auf dem Kampfplatz. Die Hilfsregisseure sausen hin und her: Photographen und Architekten geben den Bühnenarbeitern die letzten Anweisungen.

Aufbau der Modellautos; an den Häusern links und rechts werden die Miniatur-Fußgänger angebracht.
Foto: Cinematheque Francaise

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„Stil“ — das neue Baukastensystem — Filmtreppe und Filmparkett. Perspektivische Szenerien (1924)

Als vor einigen Jahren Das Cabinet des Dr. Caligari auf dem Markt erschien, wurde es vielen Fachleuten schwindelig. Das Filmarchitektonische war in seiner Auffassung so unerhört neu, dass es der couragiertesten Fabrikanten bedurfte, um sich überhaupt damit vor das Publikum zu wagen. Der Erfolg war dann über Erwarten so groß, dass er unter den Regisseuren eine Art Psychose erregte.
Alle Linien ins Kubistische verzerrt, schiefe Stühle, schräg in die Luft hinein rotierende Karussells, — und ein lebendiger Jahrmarkt mit allem Gewimmel, zusammengesetzt aus Lumpen und Lappen, ein paar Fähnchen und ein paar Drehscheiben. — Wo sollte das Hinaus? War das der neue Weg? Die Filmarchitektur der Zukunft?

Verleihkatalog der Ufa

Viele Regisseure, zumal Regisseure in Gänsefüßchen, wurden nervös. Um nicht passé zu erscheinen, flochten sie rasch ihren Alltagsszenarien, ihren Bauten naturalistischen Stils plötzlich einige „expressionistische“ Szenerien ein, — wahllos, ohne zu bedenken, dass ein Film, wenn er Anspruch auf Qualität macht, nur einmalig einen, und zwar seinen Stil haben, und dass man in einem Film nicht zwei oder drei Stile durcheinander werfen kann.
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Kurt Lubinski: Film-Architekten (1923)

Walter Reimann

Nur als Kennwort hat die Bezeichnung „Filmarchitekt“ Gültigkeit. Denn ebenso wenig wie für den Bühnenmaler das Schwergewicht seiner Veranlagung allein in der Malerei zu suchen ist, sind für den Filmarchitekten seine Beziehungen zur Architektur die entscheidenden. Es bestätigt sich schon in der Tatsache, dass sein künstlerisches Ziel im Rahmen eines Filmes niemals die Errichtung irgendeines Gebäudes, sondern vielmehr das Lichtbild selbst ist, das nur die Illusion dieses Gebäudes auf den Zuschauer vermitteln soll. Der Filmarchitekt ist also nicht der Schöpfer eines Baues, sondern der Gestalter des diesen Bau vermittelnden Lichtbildes selbst. Damit sind schon die untrennbaren Voraussetzungen für seine Tätigkeit gegeben. Als Maler beherrscht er die Flächenwirkung des Filmbildes, als Architekt formt er seine Tiefe und beide Wirkungen erreicht er mit der Kenntnis derjenigen Gesetze, die durch die Photochemie und die elektrischen Lichtstrahlen jedem vor dem Objektiv stehenden Bild bei seinem Übergang in die Schwarz-Weiß-Tönungen des Films diktiert sind.
In der praktischen Behandlung des Filmbildes liegt einer der Gegensätze zwischen dem amerikanischen und dem deutschen Film. Der Amerikaner stellt Handlung und Schauspieler in eine Dekoration hinein, die er bestellt und erworben hat, weil sie der Zeit und dem Ort seines Filmes entspricht. Das deutsche Filmbild aber, bei dessen Ausgestaltung sich künstlerisch Regisseur und Architekt diese und der Operateur ergänzen, wird um den Darsteller als Mittelpunkt entsprechend der ernsten oder heiteren Atmosphäre der Handlung für den speziellen Fall ausgestaltet.
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Der Fluch einer Liebesheirat (1955)

Werbung für Die Barrings (1955; R: Rolf Thiele)

Ein großer und in seinem Wesen deutscher Film

Ein Film für das echte deutsche Heimatgefühl – ein erregendes Geschehen inmitten einer herben Landschaft – unter Menschen, die mit ihrem Herzblut an der Scholle hängen und sich gegen den verhängnisvollen Einfluß städtischer Glücksauffassungen zur Wehr setzen

Der große Familien- und Generations-Film aus der versunkenen Welt des ostpreußischen Landadels nach dem berühmten Roman von William von Simpson

DIETER BORSCHE setzt seine große deutsche Filmkarriere fort NADJA°°°°°
TILLER beginnt – künstlerisch – eine neue!

Ein großer Film von deutschen Menschen –
in deutscher Heimat – aus deutscher Vergangenheit

Der Fluch einer Liebesheirat
Der Untergang einer alten Familie
Die Verpflichtung der Nachkommen

Nachdem der große Familien-und Generations-Roman »Die Barrings« mit einer Auflage von 1,7 Millionen Exemplaren zum Welterfolg wurde, rückt der Film mit seinen Besucher-Millionen nach und krönt mit der Verbildlichung des erregenden Geschehens aus deutscher Vergangenheit das Werk William von Simpsons

Der deutsche Film liegt wieder vorn!

Der deutsche Film kann stolz darauf sein, daß er sich des großen Familien- und Generations-Romans von William von Simpson, »Die Barrings«, angenommen hat und das erregende Geschehen vom Untergang eines deutschen Adelsgeschlechts zum Allgemeingut werden läßt. Dank der hohen Darstellungskunst aller Mitwirkenden ersteht eine versunkene Welt mit allem, was sie einmal mit Stolz und Glück, aber auch mit Problemen und Konflikten erfüllte.

Ein altes deutsches Geschlecht zerbricht an dem Leichtsinn einer lebenslustigen Frau

Wie der weltberühmte Roman von William von Simpson, so wurde auch dieser ihm nachgestaltete Film EIN MEISTERWERK

Der weltberühmte Roman mit großer Besetzung verfilmt!

Deutscher Filmpreis 1960

Die Verleihung fand am 26. Juni 1960 während der Filmfestspiele Berlin durch Statssekretär Dr. Georg Anders statt.

Jury
Dr. Johannes Becker, Düsseldorf
Dr. Johannes Eckard. Präsident des Verbandes der deutschen Film-Clubs. Augsburg-Göggingen
Ida Ehre, Schauspielerin und Intendantin. Hamburg
Werner Fiedler, Kritiker. Berlin
Dr. Kurt-Joachim Fischer, Journalist. Heidelberg
Peter Jacobs, SPD-Bundestagsabgeordneter, Bonn
Msgr. Anton Kochs, Köln
Dr. Ernst Krüger, Vorsitzender des Arbeitsausschusses der Freiwillgen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft, Wiesbaden
Richard Muckermann, CDU- Bundestagsabgeordneter, Mitglied des Bundestagsausschusses für Presse, Funk und Film. Bonn
Georg Ramseger, Journalist. Hamburg
Dolf Sternberger, Politikwissenschaftler, Journalist. Frankfurt
Professor Dr. Benno von Wiese. Universitätsprofessor. Bonn
Vorsitzender des Preisrichterausschusses: Professor Dr. Hübinger. Leiter der Kulturabteilung des Bundesministeriums des Innern. Ohne Stimmrecht. Weiterlesen

Deutscher Filmpreis 1959

Die Verleihung fand am 28. Juni 1959 während der Filmfestspiele Berlin durch Innenminister Dr. Gerhard Schröder statt.

Jury
Dr. Anton Böhm, Journalist. Köln
Dr. Johannes Eckard. Präsident des Verbandes der deutschen Film-Clubs. Augsburg-Göggingen
Ida Ehre, Schauspielerin und Intendantin. Hamburg
Werner Fiedler, Kritiker. Berlin
Dr. Theo Fürstenau, Journalist und Vertreter des Bundes in der Freiwillgen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft. Wiesbaden.
Peter Jacobs, SPD-Bundestagsabgeordneter, Bonn
Dr. Ernst Krüger, Vorsitzender des Arbeitsausschusses der Freiwillgen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft, Wiesbaden
Richard Muckermann, CDU- Bundestagsabgeordneter, Mitglied des Bundestagsausschusses für Presse, Funk und Film. Bonn
Georg Ramseger, Journalist. Hamburg
Professor Dr. Benno von Wiese. Universitätsprofessor. Bonn
Vorsitzender des Preisrichterausschusses: Professor Dr. Hübinger. Leiter der Kulturabteilung des Bundesministeriums des Innern. Ohne Stimmrecht. Weiterlesen

Deutscher Filmpreis 1958

Die Verleihung fand am 29. Juni 1958 während der Filmfestspiele Berlin durch Innenminister Dr. Gerhard Schröder statt.

Jury
Dr. Johannes Eckard. Präsident des Verbandes der deutschen Film-Clubs. Augsburg-Göggingen
Ida Ehre, Schauspielerin und Intendantin. Hamburg
Werner Fiedler, Kritiker. Berlin
Dr. Kurt-Joachim Fischer, Filmjournalist. Heidelberg
Dr. Theo Fürstenau, Journalist und Vertreter des Bundes in der Freiwillgen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft. Wiesbaden.
Peter Jacobs, SPD-Bundestagsabgeordneter, Bonn
Karl Korn, Kritiker. Frankfurt
Dr. Ernst Krüger, Vorsitzender des Arbeitsausschusses der Freiwillgen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft, Wiesbaden
Richard Muckermann, CDU- Bundestagsabgeordneter, Mitglied des Bundestagsausschusses für Presse, Funk und Film. Bonn
Professor Dr. Benno von Wiese. Universitätsprofessor. Bonn
Vorsitzender des Preisrichterausschusses: Professor Dr. Hübinger. Leiter der Kulturabteilung des Bundesministeriums des Innern. Ohne Stimmrecht. Weiterlesen